Malad

Expressivo des Schmerzes

anfallartige Existenzverzweiflungsschübe

die abstrakte Sinnstiftung scheitert

am Leid des Individuums

ein anderes Dasein anstreben

das zerbröselnde Gehirn gibt

wichtige Erinnerungsstücke frei…

Tiefendimension:

ungeahnte Befindlichkeiten im Menschenschein abrufen

Schmerzprotokoll einer Seelenzergliederung…

Fremdkörper:

in der seelischen Verlorenheit die Kälteklaue spüren

Frieren in Klarheit

cooles Brennen auf der Haut

Stechen im Augapfel

dem schweigenden Blick ausgeliefert

in der Bitterkeit & Melancholie des Scheiterns

mit Schweigen den durchlittenen Lebensabschnitt überwinden…

symbolischer Realismus = auf halluzinöse Selbstbegegnungen verzichten

das Jenseitige entzieht sich jedwedem empirischen Zugang

alle sind weg = im Anderswo

Abrechnung als Trauerbewältigung = eine Identitäts_Re:konstruktion wagen

das allmähliche Verschwinden einer Persönlichkeit

bringt auf paradoxe Weise

den Charakter der Geistesaristokraten hervor

als Ethnologe des Alltags auf

eine Selbstentdeckungsfahrt mit offenem Ende gehen…

die noch verbleibende Zeit urbar machen…

Let us imitate the real, Acryl auf Leinwand 2021. 70 x 60 cm

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Wiederbelebungsmasznahme, ein Langstreckenpoem von A.J. Weigoni

In 2024 stellt die Edition Das Labor ein nachgelassenes Poem von A.J. Weigoni in 366 Strophen vor. Es ist „ein freies Flieszen“ assoziierter Bildgefüge, eine Durchquerung entlegenster Wortfelder. Auf der Suche nach einer widerständigen Sprachlogik, dem letztlich unauslotbaren Geheimnis der Sprache. Ein entschlossenes Nomadisieren zwischen Flüstern und lautem Schweigen. Aus Wort- und Bedeutungsverschiebungen entwickelt sich ein eigener Sprachkosmos. Diese consolatio poesiae hat keinen Ort, sie wird für eine Weile im Datennirvana existieren und irgendwann ganz verschwinden. Reine Poesie überwindet die Grenzen des Darstellbaren, alle Wege führen ins Nichts.

Flankiert wird das Langstreckenpoem durch künstlerische Arbeiten von Haimo Hieronymus. In seinen Rotationen gibt es Zeichnungen von Feldern aus konzentrischen Ringen, die sich bedrängen und verformen. Es ist ein Prozess, der von Weiterungen und Abweichungen bestimmt ist. Es ist ein Beobachten und Skizzieren, der Versuch von der Konstruktion weg und auf das Wesentliche dahinter zu kommen. Manchmal erfassen dicke Striche das Papier, als seien unterschiedlich rotierende expansive Kräfte am Werk, die nach aussen drücken und an die Ränder verschieben. Das Branding von Haimo Hieronymus ist, keines zu haben. Sein verästeltes Lebenswerk entwickelte sich über die Jahrzehnte hinweg zu einer partizipativen, sozialen Plastik.

Weiterführend → Verbunden waren sich die Artisten durch ihre Arbeit an Künstlerbüchern. Vertiefend dazu das Kollegengespräch mit Haimo Hieronymus über Material, Medium und Faszination des Werkstoffs Papier.

Jeder Band aus dem Schuber von A.J. Weigoni ist ein Sammlerobjekt. Und jedes Titelbild von Haimo Hieronymus ein Kunstwerk. KUNO fasst die Stimmen zu dieser verlegerischen Großtat zusammen. Last but not least: VerDichtung – Über das Verfertigen von Poesie, ein Essay von A.J. Weigoni in dem er dichtungstheoretisch die poetologischen Grundsätze seines Schaffens beschreibt. Zuletzt bei KUNO, eine Polemik von A.J. Weigoni über den Sinn einer Lesung.