Vorrede: Es gibt Menschen, die einmal im Leben die Chinesische Mauer, Machu Picchu, das Taj Mahal oder die antike Felsenstadt Petra besuchen möchten, mein Sehnsuchtort ist ein naheliegender, das Kasbachtal. Als Einsenbahnromantiker möchte ich von Linz am Rhein mit der Museumsbahn (einem Schienenbus) nach Kalenborn fahren. Diese Strecke ist eine ingineurstechnische Meisterleistung, denn bis Kalenborn gilt es 300 Höhenmeter zu überwinden.
wir fahn fahn fahn
Der erste Berufswunsch war nicht sonderlich originell. Mein Grossvater hatte mich auf die Fahrt mit einer Preußischen P8 mitgenommen. Da er den Lokführer kannte, durfte ich mir das Führerhaus und die Feuerbüchse anschauen. Er erklärte mir die Steuerung, die Regler und das Führerbremsventil. Erläuterte die Signale und wie die Feuerung, Dampferzeugung durch das Einbringen von Brennstoff in die Feuerbüchse das Eisenross letztlich auf Schienen fortbewegt.
Wo die Wälder noch rauschen, die Nachtigall singt,
die Berge hoch ragen, der Amboss erklingt.
Für den Beruf stellte ich mich als nicht geeignet heraus. Der kreuzungsfreie Schienenverkehr gehört immer noch zu meinen bevorzugten Fortbewegungsmitteln. Am Fensterplatz geniesse ich die impressionistischen Bildfolgen, weil sie zuweilen der Geschwindigkeit des Gedachten entsprechen.
Wo der rauchende Schlot und der Räder Gebraus,
die flammende Esse, der Hämmer Gesaus
Die raue Klangsinnlichkeit der Lokomotive hatte bald ausgedient, weil der Schienenbus, als vorgeblicher „Retter der Nebenbahnen“, der ÖPNV wirtschaftlicher betreiben werden sollte. Regelmässig nutzte ich den VT 95, der zwischen Düsseldorf und Wichlinghausen fuhr. Die „Nordbahntrasse“ war eine ingineurstechnische Meisterleitung, auf der Strecke befinden sich Brücken und Viadukte sowie fünf Tunnel, die durch das Bergische Land gefräst wurden.
Wo so wunderbar wonnig der Morgen erwacht,
im blühenden Tale das Dörfchen mir lacht
Haltepunkt Ostersbaum, direkt in der Nähe des „heiligen Bergs“. Mein Einsatzort, die Thomaskirche in der Nordstadt, dort habe ich meinen Zivildienst abgeleistet. Wohnte direkt unter dem Glockenstuhl. Morgens um 7:00 Uhr wurde ich nicht durch das Glockengeläut geweckt, sondern durch die Schwingungen, die sich durch den Holzboden ankündigten.
Wenn es die Arbeit zulies, fuhr ich mit dem Samba nach Cronenberg. Gleichfalls ein Schienenbus, dem der Volksmund seinen Namen gab, weil sich die Passagiere durch das Schaukeln und Schwanken in den Kurven an den südamerikanischen Tanz erinnert fühlten. Eine „Reise“ mit dem Samba gab der Schönheit analoger Schäbigkeit eine besondere Patina. Die Haltestellen der offiziell so genannten „Burgholzbahn“ lesen sich fast wie ein Gedicht:
Steinbeck
Boltenberg
Burgholz
Küllenhahn
Neuenhof
Neukuchhausen
Nach Überwindung der 140 Höhenmeter ging es von Cronenberg auf Schusters Rappen talwärts zur Kohlfurth und an’ne Wupper entlang nach Müngsten. Hierher führte mich der vorhin erwähnte Ausflug, der ich in Begleitung meines Grossvaters mit der Dampflok gemacht hatte.
Als ich sie das erste Mal sah, wirkte die Müngstener Brücke auf mich, wie ein in die Waagerechte gekippter Eiffelturm. Gleichfalls stahlvernietet zeigt sich, dass 5000 Tonnen Stahl im Freiverbau sehr grazil aussehen können, wenn es der gestalterische Wille so schlüssig fügt. Sofern man das Glück hat, diese Querung im Nebel, nebst der Zugüberfahrung einer Dampflokomotive zu sehen, bekommt der Begriff schwebend eine völlig neue Dimension.
Keine Rebe wohl ranket am felsigen Hang,
kein mächtiger Strom fließt die Täler entlang.
Hält man sich nicht an den empfohlenen Weg des SGV, gestaltet sich der Anstieg von der Wupper zum Bahnhof Schaberg etwas mühsam. Der Wanderer wird jedoch mit einem Blick in das Bergische Land belohnt. Auf dieser Anhöhe kann man die Wälder noch rauschen hören; nur die Nachtigallen singen längst nicht mehr.
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Quelle: Die eingerückten Zitate stammen aus dem Bergischen Heimatlied. Der Text stammt von Rudolf Hartkopf.
Der Sauerländische Gebirgsverein, kurz SGV, gegründet durch den Forstrat Ernst Ehmsen, ist seit 1891 ein Verein für Wandersport.
Als öffentlicher Personennahverkehr (ÖPNV) wird der Personenverkehr als Teil des öffentlichen Verkehrs (ÖV) im Rahmen der Grundversorgung auf Straße, Schiene, Wasser und mittels Luftseilbahn der Schwebebahn oder einer Museumsbahn bezeichnet.
Fahrplan Kasbachtalbahn
Verkehrstage: Samstag, Sonntag und an Feiertagen, ab dem 02.03.2011 bis zum 22.12.2011. Fahrtzeiten: im Stundentakt von 10 – 18 Uhr.