Die Kunst muß sich von der Zeit befreien

 

JLB: Whistler, der berühmte nordamerikanische Maler, nahm einmal an einer Zusammenkunft teil, bei der über die Bedin-gungen, unter denen Kunst entsteht, gesprochen wurde. Zum Beispiel über den biologischen Einfluß, den Einfluß der Umge-bung, der zeitgenössischen Geschichte … Darauf sagte Whistler: „Art happens“, die Kunst ereignet sich, Kunst findet statt, das heißt, Kunst … ist ein kleines Wunder.

OF: Das ist wahr.

JLB: Sie entzieht sich auf irgendeine Weise der organisierten Kausalität der Geschichte. Ja, Kunst ereignet sich – oder ereignet sich nicht; das hängt ebensowenig vom Künstler ab.

 

 

***

 
Lesen ist denken mir fremdem Gehirn, von Jorge Luis Borges, Osvaldo Ferrari. (Übersetzt von Gisbert Haefs), Arche 1990)

Jorge Luis Borges, 1969

Jorge Francisco Isidoro Luis Borges Acevedo wurde vor 100 Jahren 1899 in Buenos Aires geboren. Er verfasste eine Vielzahl phantastischer Erzählungen und Gedichte und gilt als Mitbegründer des Magischen Realismus.Ein wiederkehrendes Thema sind Bücher, die Borges immer wieder zu den Hauptfiguren seiner Geschichten machte (z. B. in Die Bibliothek von Babel, Das Sandbuch, Untersuchung des Werks von Herbert Quain, Der Weg zu Amotásim, oder Tlön, Uqbar, Orbis Tertius). Oft geht von diesen Büchern eine phantastische Macht aus, die an den Grundfesten der Realität rüttelt, diese verändert oder gänzlich eigene Realitäten hervorbringt. Parallel dazu sind Borges’ Erzählungen bevölkert von bibliophilen und belesenen Hommes de lettres, die sich mit obskuren Schriften oder Enzyklopädien auseinandersetzen bzw. diese verfassen. Das genüssliche Zitieren oder Erwähnen von realen und fiktiven Büchern inklusive der Angabe von Ort und Veröffentlichungsdatum ist ebenfalls ein Charakteristikum seiner Erzählungen.

Weiterführend →

Erinnerung wird zunehmend auf neue Technologien ausgelagert. Das Grundproblem der Erinnerungskultur (siehe auch: In eigener Sache), der Zeugenschaft, der Autorschaft, ist die Frage: Wer erzählt, wer verarbeitet, wem eine Geschichte gehört? – „Kultur schafft und ist Kommunikation, Kultur lebt von der Kommunikation der Interessierten.“, schreibt Haimo Hieronymus in einem der Gründungstexte von KUNO. Die ausführliche Chronik des Projekts Das Labor lesen sie hier. Diese Ausgrabungsstätte für die Zukunft ist seit 2009 ein Label, die Edition Das Labor. Diese Edition arbeitet ohne Kapital, zuweilen mit Kapitälchen, meist mit einer großen künstlerischen Spekulationskraft. Eine Übersicht über die in diesem Labor seither realisierten Künstlerbücher, Bücher und Hörbücher finden Sie hier.

Zum Thema Künstlerbücher finden Sie hier einen Essay sowie einen Artikel von J.C. Albers. Vertiefend auch das Kollegengespräch mit Haimo Hieronymus über Material, Medium und Faszination des Werkstoffs Papier.

Post navigation