Eine Erinnerung an Peter Henisch

 

In den frühen Siebzigerjahren war ich einmal bei einer Podium-Veranstaltung in der Kleinen Galerie in der Neudeggergasse in Wien. Da hat ein junger Schriftsteller mit schwarzem Wuschelkopf Gitarre gespielt und dazu gesungen; auch gelesen hat er, Gedichte und anderes. Das war der Peter Henisch. Später, als ich diese Galerie leitete und Peter Henisch im Nebenhaus logierte, wo man im Sommer durch ein offenes Fenster manchmal Schreibmaschinengeklapper hören konnte, das vom Henisch kam, sahen wir uns manchmal zufällig, wenn ich eine Grafikerin besuchte, die ihr Atelier ebenerdig im Hoftrakt dieses Hauses hatte. Auch sonst sind wir einander manchmal begegnet, etwa wenn er in der Trafik bei mir um die Ecke etwas einkaufte. Bei Veranstaltungen habe ich ihn kaum gesehen. Peter Henisch lebt nicht nur sehr zurückgezogen, er scheint auch ein in sich zurückgezogener Mensch zu sein. Das Wort „Innerlichkeit“ fällt mir ein, wenn ich an ihn denke. Stets grüßt er freundlich und hat dabei ein Lächeln im Gesicht. Zurückhaltung, Sanftmut, ja sogar Güte und einen feinen Humor strahlt er aus. Diesen Eindruck macht er jedenfalls auf mich. Am Strand von Cavallino habe ich damals sein Buch „Die kleine Figur meines Vaters“ gelesen. Das Buch und die Art des Erzählens haben mir gut gefallen. Der kleine Vater vom Peter Henisch war Fotograf. Der Peter Henisch hat eine Unmenge von Büchern geschrieben. Deshalb seine Zurückgezogenheit, denke ich mir manchmal; der arbeitet einfach sehr fleißig. Ich habe mir vorgenommen, bald sein neues Buch „Eine sehr kleine Frau“ (2007) zu lesen, das auf dem Nachttisch meiner Lebensgefährtin liegt, die ja viel mehr Bücher liest als ich.

 

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Schriftstellerbegegnungen 1960-2010 von Peter Paul Wiplinger, Kitab-Verlag, Klagenfurt, 2010

Wiplinger Peter Paul 2013, Photo: Margit Hahn

Weiterführend → KUNO schätzt dieses Geflecht aus Perspektiven und Eindrücken. Weitere Auskünfte gibt der Autor im Epilog zu den Schriftstellerbegegnungen.
Die Kulturnotizen (KUNO) setzen die Reihe Kollegengespräche in loser Folge ab 2011 fort. So z.B. mit dem vertiefenden Kollegengespräch von A.J. Weigoni mit Haimo Hieronymus über Material, Medium und Faszination des Werkstoffs Papier. Druck und Papier, manche Traditionen gehen eben nicht verloren.