Eine Erinnerung an die Dirty Speech–Bewegung in der BRD, die 1969 mit der Rolf Dieter Brinkmanns „Acid“ zu verorten ist. Es war eine Anthologie amerikanischer Beatliteratur, gesammelt und damit den Versuch eröffnend, auch in der deutschen Dichtung die bürgerliche Moral zu brüskieren, lyrische Formen zu banalisieren, den Alltag zum Thema zu machen und Sex, Brutalität, Perversion als Sujets zu akzeptieren. Downtown Deutschland stellt sich in diese Tradition. Lesen wir das Vorwort von Roland Adelmann:
Was tut sich eigentlich noch im Land der Dichter und Denker?
Wenn man den kommerziellen Medien glaubt, gibt es momentan nur ein einziges Thema: wer wen in der Ost-Szene verpfiffen hat. Und wenn das vorbei ist, dürfen wir uns wieder die literarischen Ergüsse von Wimschneider, Pilcher & co reinziehen. Sachen, die nichts mit dem Alltag der Menschen zu tun habe; die den meisten am Arsch vorbeigehen, die nichts verändern werden am lokalen und globalen Wahnsinn.
Verändern wird auch »DOWNTOWN DEUTSCHLAND« nichts. Will es auch nicht. Es ist lediglich ein Gefühlausbruch, wie man ihn oft in Deutschland antrifft – sozusagen »Blues-Stories«.
Es gibt viele Zeitgenossen, die das am liebsten verdrängen möchten und heftig dagegen ankämpfen; gegen Geschichten, die von der Straße kommen, aus dem Underground. Gefühle, Gedanken, die verleugnet werden im Sumpf der vermeintlich wichtigen Sinnlosigkeiten, mit denen man aber unmittelbar konfrontiert wird.
In dieser Anthologie haben sich einige Menschen getroffen, die darüber geschrieben haben. Keine Meinungsmache, kein Stimmenfang, kein In-Sich-Einvernehmen. Direkt und offen, bescheiden und ehrlich kommen sie daher. Einfach Protest – laut und still, schrill und normal, lachend, ironisch, wütend – so wie man sich gerade fühlt.
Und verdammt, es gibt viel darüber zu erzählen, was sich in »DOWNTOWN DEUTSCHLAND« abspielt.. Und es gibt verdammt viele Leute, die die Schnauze vollhaben, ewig darüber zu schweigen, sondern ihr Maul aufmachen, irgendwo, irgendwann, irgendwas. Momentaufnahmen, die überall sein können. Underground eben. Downtown. Mehr nicht.
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Downtown Deutschland: Underground-Anthologie Taschenbuch, Isabell Rox-Verlag – 1. Januar 1992
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Obwohl die nonkonformistische Literatur ehrlich und transparent zugleich sein wollte, war gegen Ende der 1960er nur schwer zu fassen, die Redaktion entdeckt die Keimzelle des Nonkonformismus in der die Romantiker-WG in Jena. Zu den Gründungsmythen der alten BRD gehört die Nonkonformistische Literatur, lesen Sie dazu auch ein Porträt von V.O. Stomps, dem Klassiker des Andersseins. Kaum jemand hat die Lückenhaftigkeit des Underground so konzequent erzählt wie Ní Gudix und ihre Kritik an der literarischen Alternative ist berechtigt. Ein Porträt von Ní Gudix findet sich hier (und als Leseprobe ihren Hausaffentango). Lesen Sie auch die Erinnerungen an den Bottroper Literaturrocker von Werner Streletz und den Nachruf von Bruno Runzheimer. Zum 100. Geburtstag von Charles Bukowski, eine Doppelbesprechung von Hartmuth Malornys Ruhrgebietsroman Die schwarze Ledertasche. 1989 erscheint Helge Schneiders allererste Schallplatte Seine größten Erfolge, produziert von Helge Schneider und Tom Täger im Tonstudio/Ruhr. Lesen Sie auch das Porträt der einzigartigen Proletendiva aus dem Ruhrgebeat auf KUNO. In einem Kollegengespräch mit Barbara Ester dekonstruiert A.J. Weigoni die Ruhrgebietsromantik. Mit Kersten Flenter und Michael Schönauer gehörte Tom de Toys zum Dreigestirn des deutschen Poetry Slam. Einen Nachruf von Theo Breuer auf den Urvater des Social-Beat finden Sie hier – Sowie selbstverständlich his Masters voice. Und Dr. Stahls kaltgenaue Analyse. – Constanze Schmidt beschreibt den Weg von Proust zu Pulp. Ebenso eindrücklich empfohlen sei Heiner Links Vorwort zum Band Trash-Piloten. Inzwischen hat sich Trash andere Kunstformen erobert, dazu die Aufmerksamkeit einer geneigten Kulturkritik. In der Reihe Gossenhefte zeigt sich, was passiert, wenn sich literarischer Bodensatz und die Reflexionsmöglichkeiten von populärkulturellen Tugenden nahe genug kommen, der Essay Perlen des Trash stellt diese Reihe ausführlich vor. Die KUNO-Redaktion bat A.J. Weigoni um einen Text mit Bezug auf die Mainzer Minpressenmesse (MMPM) und er kramte eine Realsatire aus dem Jahr 1993 heraus, die er für den Mainzer Verleger Jens Neumann geschrieben hat. Jürgen Kipp über die Aufgaben des Mainzer Minipressen-Archives. Ein würdiger Abschluß gelingt Boris Kerenski mit Stimmen aus dem popliterarischen Untergrund.