Tatsächlich gab es im Sauerland, nahe des schönen Ortes Herdringen, das Schloss bekannt aus zwei Edgar-Wallace-Krimifilmen, einen höheren Hügel mit dem Namen Effenberg. Wahrscheinlich hat er gar nichts mit einer bekannten und von vielen Menschen sicherlich auch verehrten Sportpersönlichkeit zu tun und hier soll auch ganz bewusst eine klare Abgrenzung vorgenommen werden. Denn niemals würde der Autor sich auch nur ansatzweise anmaßen, die intellektuellen Höhenflüge von Sportlern oder Ex-Sportlern in irgendeiner Weise auch nur fragmentarisch zu beurteilen, jene wunderbaren Stilblüten, die so unnachahmlich sind, dass man sich freuen muss, dass es solche geistig beweglichen Wortakrobaten in unserer Gesellschaft gibt, hochdotiert und immer bereit zu einem weiteren literarischen Geniestreich, wie: Mir ist es egal, ob es ein Junge oder ein Mädchen wird, Hauptsache, er ist gesund. oder: Ob Madrid oder Mailand, das ist mir egal, Hauptsache Italien. Dabei stammen die noch gar nicht von Effenberg, sondern folgende:
„Das ist angeboren oder wird uns vom Doktor injiziert.“ Effenberg über das gefürchtete Selbstvertrauen der Spieler von Bayern München
„Auch wenn es unmöglich ist, ist es noch möglich.“ Effenberg über die vermeintliche Fußball-Weisheit, Bayern München niemals abschreiben zu dürfen
„Die Situation ist aussichtslos, aber nicht kritisch.“ Effenberg über Bayern Münchens gesunkene Meisterschaftschancen
„Ja – zwei, drei Prozent.“ Effenberg auf die Frage eines Journalisten, wie viel Prozent seines Leistungsvermögens er schon abrufen kann… aber man kommt so schnell vom Thema ab und das sollte einem seriösen Schreiberling schließlich nicht passieren.
Dieser Berg, nein, dieser ehemalige Effenberg, denn er ist nicht mehr existent, hatte ein Problem: Er besaß eine Besonderheit, eine unglaubliche, dekorative und damit gut vermarktbare Gabe: Seine Steine waren rötlich, durchzogen von einem recht regelmäßigen Muster, so dass es aussah, als seien dies versteinerte Korallen. Ein Traum für jeden Vorgarten – zumindest seit den späten sechziger Jahren. Der Stein verwitterte langsam, die rote Farbe zog sich erst zurück, nachdem sie jahrelang dem schonungslosen Sonnenlicht ausgesetzt war. Also wurde er ausgebeutet, zunächst die Kuppe dieses landschaftlich sehr ansprechenden Quellgebietes abgetragen, irgendwann war dies eben geschehen und man brauchte immer noch Steine, Split für die Wege, große Steine für Mauern und Vorgärten, für Uferbefestigungen und so weiter. Man ging also daran ein Loch zu buddeln, zu sprengen, zunächst nur zehn Meter, inzwischen ein riesiger Krater, wer Lust hat, kann sich das verheerende Werk einmal bei Google Earth anschauen. Gestern hat Herr Nipp eine Fahrradtour gemacht und auf der gesamten Strecke zwischen Neheim und Möhnesee war immer wieder der Effenberg in Form von Split anzutreffen. Kilometerweit.
Wenn Ihnen also, verehrte Leser, einmal jemand ganz dumm daherkommt und sagt, dass der Effenberg ganz schön an Niveau verloren hat, dann können Sie gut kontern, indem Sie sagen, immerhin habe er vielen die Wege bereitet.
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Das Mittelmaß der Welt, unerhörte Geschichten von Herrn Nipp, KUNO 1994 – 2019
Die unerhörten Geschichten von Herrn Nipp sind glossierende Anmerkungen die sich schnoddrig mit dem Zeitgeist auseinandersetzen. Oft wird in diesen Kolportagen ein Konflikt zwischen Ordnung und Chaos beschrieben. Wir lesen sowohl überraschendes und unerwartetes, potentiell ungewöhnliches, das Geschehen verweist auf einen sich real ereigneten (oder wenigstens möglichen) Ursprung des Erzählten.
Weiterführend →
Zum Thema Künstlerbucher lesen finden Sie hier einen Essay sowie ein Artikel von J.C. Albers. Papier ist autonomes Kunstmaterial, daher ein vertiefendes Kollegengespräch mit Haimo Hieronymus über Material, Medium und Faszination des Werkstoffs Papier.
Die bibliophilen Kostbarkeiten sind erhältlich über die Werkstattgalerie Der Bogen, Tel. 0173 7276421