Zieht euch die Kappen tiefer ins Gesicht,
wenn ihr an diesem trüben Wintertage
zur Arbeit schleicht.
Wie, Proletarier? Quälen euch die Sorgen,
ob ihr mit euerm Lohn die Woche reicht
und ob man mit der kargen Tüte nicht
euch die Papiere in die Hände schiebt?
Ihr seid es ja gewöhnt zu sehn,
wie Frau und Kinder hungern, die ihr liebt.
Vielleicht
steht morgen der Betrieb schon still.
Wenn es der Fabrikant so will,
wenn er euch nicht mehr braucht,
weil eurer Arbeitskraft Gewinnst
sich ihm nicht mehr nach Wunsch verzinst,
dann stellt euch mit Millionen Arbeitslosen
auch ihr in Frost und Not,
betrogen um der Kinder Brot,
vor Kirchentüren, winselnd um Almosen
und bis zum Knöchel watend in die Pfützen.
Vielleicht
schmeißt irgendwer euch einen Bettel in die Mützen.
Zieht euch die Kappen tiefer ins Gesicht.
An diesem Wintertag sind’s sieben Jahre –
da schlug man euer Hoffen auf die Bahre.
Vergeßt es nicht!
Karl Liebknecht, Rosa Luxemburg – sie wußten:
Freiheit und Glück wächst nur aus starker Tat!
Sie starben für das Proletariat …
Doch, sollen sie darum gestorben sein
und alle, die nach ihnen sterben mußten –
darum schlöss‘ Tausende das Zuchthaus ein,
daß, Proletarier, ihr nach sieben Jahren,
dem Wucher mehr als je verknechtet,
als Paria der Republik entrechtet,
hilflose Sklavenscharen
den Mördern eurer Helden dienstbar seid?
Nein! Streift die Kappen hoch aus dem Gesicht!
Laßt Licht,
laßt Hoffnung in den Blick! Faßt Mut!
Schaut vor euch und ergebt euch nicht dem Leid!
Schwört euern Toten, die für euch gefallen,
schwört bei der Besten ungerächtem Blut –
und laßt zum Eid die roten Fahnen wallen:
Die Revolution, sie ist nicht verloren.
Das Elend mahnt uns, uns zu befrei’n.
Die Stunde ist nah – wir haben geschworen –:
Ihr Toten, wir woll’n eure Rächer sein!
Weiterführend → Poesie zählt für KUNO zu den identitäts- und identifikationstiftenden Elementen der Kultur, dies bezeugt der Versuch einer poetologischen Positionsbestimmung. Um den Widerstand gegen die gepolsterte Gegenwartslyrik ein wenig anzufachen schickte Wolfgang Schlott dieses post-dadaistische Manifest. Warum Lyrik wieder in die Zeitungen gehört begründete Walther Stonet, diese Forderung hat nichts an Aktualität verloren. Lesen Sie auch Maximilian Zanders Essay über Lyrik und ein Rückblick auf den Lyrik-Katalog Bundesrepublik, sowie einen Essay über den Lyrikvermittler Theo Breuer. KUNO schätzt den minutiösen Selbstinszenierungsprozess des lyrischen Dichter-Ichs von Ulrich Bergmann in der Reihe Keine Bojen auf hoher See, nur Sterne … und Schwerkraft. Gedanken über das lyrische Schreiben. Lesen Sie ein Porträt über die interdisziplinäre Tätigkeit von Angelika Janz, sowie einen Essay der Fragmenttexterin. Ein Porträt von Sophie Reyer findet sich hier, ein Essay fasst das transmediale Projekt „Wortspielhalle“ zusammen. Auf KUNO lesen Sie u.a. Rezensionsessays von Holger Benkel über André Schinkel, Ralph Pordzik, Friederike Mayröcker, Werner Weimar-Mazur, Peter Engstler, Birgitt Lieberwirth, Linda Vilhjálmsdóttir, und A.J. Weigoni. Lesenswert auch die Gratulation von Axel Kutsch durch Markus Peters zum 75. Geburtstag. Diese Betrachtungen versammeln sich in der Tradition von V.O. Stomps, dem Klassiker des Andersseins, dem Bottroper Literaturrocker „Biby“ Wintjes und Hadayatullah Hübsch, dem Urvater des Social-Beat, im KUNO-Online-Archiv. Wir empfehlen für Neulinge als Einstieg in das weite Feld der nonkonformistischen Literatur diesem Hinweis zu folgen.