Macht der Gewehre

 

Um Amerika wirklich die Meinung zu sagen

brauchst du eine massive Schreibmaschine

Kraft & Stärke

& übermenschliche Energie, die dir Rückhalt geben

Du bist bereits erschöpft und planst deine Flucht

(in dieses Gedicht)

Ohne Worte bist du ganz schön weit gekommen

dahin, ein evolutionärer Trend zu sein

wo Menschen ihre Worte wie Waffen fallen lassen

und richtige Waffen aufheben

und in der Stille herumsitzen wie Süchtige

Etwas, das du mit einer Schreibmaschine nicht mehr in Schach halten

kannst in New York 1968!

Was mache ich hier dann?

ERKLÄRT KRIEG

AUFRICHTIGE WEISSE SIND WACHSAM

sind interessante Worte, glaube ich

die ein gewisses Gewicht haben, ähnlich wie

GROSSE FESSEL

wenn William Burroughs von der Kultur des Westens spricht

oder

RAUSCHGIFT

Ansonsten lese ich gern Anekdoten aus dem Leben der großen schwarzen Führer

die mich erheben

und nach unten tragen

auf die Straße und zurück

Zu viel passiert da draußen

Ich denke nicht daran, einfach aus irgendeinem Grund zu krepieren,

verstehst du

LEBEN ODER TOD

ALLES ODER NICHTS

ENTSCHEIDE JETZT

Die Zeit ist gekommen, man selbst zu sein

aber du bist besser OK, sonst PENG!

Du wirst diesen Sommer nicht überleben

(& verpaßt was, falls es so ist)

 

 

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Eine Leseprobe aus Silver screen : neue amerikanische Lyrik, herausgegeben von Rolf Dieter Brinkmann. Köln : Kiepenheuer & Witsch, 1969

Anne Waldman wuchs in New York City auf und kam durch ihre Mutter mit Literatur in Berührung. Begegnungen mit Autoren einerseits sowie Musikern, darunter Thelonious Monk und Pete Seeger andererseits, inspirierten sie bereits früh dazu, die konventionellen Grenzen geschriebener Sprache zu hinterfragen und später durch performative Qualitäten zu überschreiten.[3] 1965 reiste sie nach Kalifornien, um an der „Berkeley Poetry Conference“ teilzunehmen. Dort lernte sie, neben anderen literarischen Größen, Allen Ginsberg kennen, mit dem sie eine lebenslange künstlerische Freundschaft verband. Nach ihrem Studienabschluss am Bennington College kehrte Waldman 1966 nach New York zurück und wurde stellvertretende Direktorin und später Direktorin des „Poetry Project“ in der New Yorker „St. Mark’s Church-in-the-Bowery“. Im Zuge des Projektes gab sie einige öffentliche Lesungen und wurde als „Performance-Literatin“ bekannt. In dieser Zeit begann sie außerdem bei Chögyam Trungpa Rinpoche, einem Meditationsmeister des tibetischen Buddhismus, zu lernen. 1974 gründete sie mit Allen Ginsberg und Diane DiPrima die „Jack Kerouac School of Disembodied Poetics“ an der Naropa University, die erste buddhistisch inspirierte Schule in der westlichen Hemisphäre, wo sie bis heute unterrichtet.

Neben ihrer literarischen Tätigkeit engagierte sich Waldman für zahlreiche feministische, ökologische und menschenrechtliche Anliegen. In den 1970er Jahren war sie gemeinsam mit Daniel Ellsberg und Allen Ginsberg in der „Rocky Flats Truth Force“ aktiv, einer Organisation, die sich gegen die Atomwaffenfabrik Rocky Flats zehn Meilen südlich von Boulder (Colorado) wendete.

Weiterführend → Poesie zählt für KUNO weiterhin zu den identitäts- und identifikationstiftenden Elementen einer Kultur, dies bezeugte auch der Versuch einer poetologischen Positionsbestimmung.