Vorbemerkung der Redaktion: Die Lyrik ist eine der frühen literarischen Formen. Wenn auch die frühesten überlieferten lyrischen Texte nicht als Gedichte im heutigen Sinne verstanden wurden – das Vorkommen von Reim bzw. Alliteration, einer Metrik oder eines sprachlichen Rhythmus genügt, in diesem Jahr kümmert sich KUNO um die unterschiedlichen Ausprägungen.
Die französischsprachige Lyrik beginnt mit den Trouvèren im 12. Jahrhundert, deren Werke auf altfranzösisch verfasst wurden. Die Trobadordichtung im Süden Frankreichs wurde in provenzalischer Sprache geschrieben. Marie de France verwendete Versformen für ihre Lais, Chrétien de Troyes für seine Verserzählungen Erec et Enide und Le Conte du Graal ou le Roman de Perceval. Guillaume de Lorris und Jean de Meung, die Autoren des Le Roman de la Rose, nutzten paarweise reimende Verse für ihren Roman. Im 14. Jahrhundert verfasste Eustache Deschamps über tausend Balladen, manchen gilt er gar als Begründer dieser Form. Zu seiner Dichtung werden traditionelle Liebesdichtungen, Satiren und Sentenzen gezählt, sowie die Poetik L’art de dictier et de fere chançons, ballades, virelais et rondeau. Als bedeutendster Dichter der Zeit gilt François Villon. Sein Hauptwerk Le Testament, das sechzehn Balladen und drei Rondeaus enthält, wurde auch außerhalb des französischen Sprachraums über Jahrhunderte hinweg rezipiert. Sein Dichtung beeinflusste Mitte des 19. Jahrhunderts die Präraffaeliten und im 20. Jahrhundert die deutschsprachigen Naturalisten, später die Expressionisten und prägte die Gelegenheitsdichtung. Charles de Valois, duc d’Orléans, der Villon in seinem Schloss aufnahm und ihn später wegen eines Spottgedichtes in den Kerker werfen ließ, dichtete selbst in englischer und französischer Sprache.
Bedeutende Lyriker der Renaissance waren Pierre de Ronsard und Joachim Du Bellay, für die französische Klassik ist François de Malherbe, für die Aufklärung Jacques Delille zu nennen. In der Romantik sind Alphonse de Lamartine, Alfred de Musset und Victor Hugo von Bedeutung, etwa zeitgleich schrieben die „Parnassiens“ Théophile Gautier und Théodore de Banville. Die großen französischen Dichter der frühen Moderne (Symbolismus) sind Charles Baudelaire, Arthur Rimbaud, Paul Verlaine und Stéphane Mallarmé. Bedeutende Lyriker zu Beginn des 20. Jahrhunderts sind Guillaume Apollinaire und Paul Valéry, später André Breton, Paul Éluard, Ivan Goll, Tristan Tzara, Yves Bonnefoy u. a. m.
* * *
Weiterführend → Poesie zählt für KUNO zu den identitäts- und identifikationstiftenden Elementen der Kultur, dies bezeugt der Versuch einer poetologischen Positionsbestimmung. Um den Widerstand gegen die gepolsterte Gegenwartslyrik ein wenig anzufachen schickte Wolfgang Schlott dieses post-dadaistische Manifest. Warum Lyrik wieder in die Zeitungen gehört begründete Walther Stonet, diese Forderung hat nichts an Aktualität verloren. Lesen Sie auch Maximilian Zanders Essay über Lyrik und ein Rückblick auf den Lyrik-Katalog Bundesrepublik, sowie einen Essay über den Lyrikvermittler Theo Breuer. KUNO schätzt den minutiösen Selbstinszenierungsprozess des lyrischen Dichter-Ichs von Ulrich Bergmann in der Reihe Keine Bojen auf hoher See, nur Sterne … und Schwerkraft. Gedanken über das lyrische Schreiben. Lesen Sie ein Porträt über die interdisziplinäre Tätigkeit von Angelika Janz, sowie einen Essay der Fragmenttexterin. Ein Porträt von Sophie Reyer findet sich hier, ein Essay fasst das transmediale Projekt „Wortspielhalle“ zusammen. Auf KUNO lesen Sie u.a. Rezensionsessays von Holger Benkel über André Schinkel, Ralph Pordzik, Friederike Mayröcker, Werner Weimar-Mazur, Peter Engstler, Birgitt Lieberwirth, Linda Vilhjálmsdóttir, und A.J. Weigoni. Lesenswert auch die Gratulation von Axel Kutsch durch Markus Peters zum 75. Geburtstag. Nicht zu vergessen eine Empfehlung der kristallklaren Lyrik von Ines Hagemeyer. Diese Betrachtungen versammeln sich in der Tradition von V.O. Stomps, dem Klassiker des Andersseins, dem Bottroper Literaturrocker „Biby“ Wintjes und Hadayatullah Hübsch, dem Urvater des Social-Beat, im KUNO-Online-Archiv. Wir empfehlen für Neulinge als Einstieg in das weite Feld der nonkonformistischen Literatur diesem Hinweis zu folgen.