An das im Schmutz zu Neuem Geborene
hänge dein Herz! Und das Verlorene
heb so behutsam aus der Scheiße,
als wär es das Wunder der Blendaxweiße!
Fata Morgana: Deine Gelüste
im flimmernden Spiegel. In der Wüste
gerät die Skyline der hohen Gedanken
unter dem Brand der Sonne ins Wanken.
Hüte auch Schafe in Außenbezirken.
Lass dort die Reste Natur auf dich wirken.
Spüre den Regen, wate im Dreck.
Spül dein Papiergeld im Rinnstein weg.
Hast du dich schon nach draußen begeben,
wirf auch die Uhren aus deinem Leben.
Tränke dich mit den Düften der Welt.
Werde Nomade. Schlafe im Zelt.
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Frühe Gedichte 1985–2001 von Thomas Frahm. Chora-Verlag
In der Zeit, in der diese Gedichte entstanden, begann der Siegeszug des PC. Das Internet wurde zum Kommunikations- und Informationsmedium schlechthin, und mit den virtuellen Räumen verlor der bislang übliche 1 : 1 -Maßstab der Wahrnehmung seine Verbindlichkeit.
Etwas Ähnliches, nur viel Faszinierenderes lernte der Autor in Bodenkunde-Vorlesungen kennen, wo Bodenproben, fein geschliffen und unter Glas vom Elektronenmikroskop in riesiger Vergrößerung auf Diafilm aufgenommen, an Weltraumbilder erinnerten und die Vereinigung von Mikro- und Makrokosmos optisch erleben ließen.
Auf diesen Verlust eines äußeren Leitmaßstabs hat Frahm in vielen dieser Gedichte reagiert. Andere dokumentieren die Suche des werdenden Autors nach Themen, zu, und Formen, in denen er etwas zu sagen hat. Schließlich ist da noch dieses alte und mit jeder Generation doch wieder neue Phänomen Jugend, das Menschen seit jeher veranlasst hat, gegen Maß und Mäßigkeit zu rebellieren – immer euphorischer, melancholischer, alberner oder ernster als comme il faut.
So fehlt nicht nur der einheitliche Maßstab, sondern auch der gemeinsame Nenner: Der alles unter sein Joch zwingende Stil muss sich hier selber beugen …
Weiterführend → Poesie zählt für KUNO weiterhin zu den identitäts- und identifikationstiftenden Elementen einer Kultur, dies bezeugte auch der Versuch einer poetologischen Positionsbestimmung.