Das Schmatzen des Wattenwurms

– eine Annæherung aus drei Perspektiven

 

I Gezeiten

 

Pilot auf der Umlaufbahn

Sonne, Mond & Anziehungskræfte

die geschlossene ovale Kurve verlassen

auf die Erddrehung eingeschwenken

Fliehkraft unter den Tragflæchen

Flutwelle unter den Kufen

Bruchlandung am Strand…

pritscheln im flachen Wasser

beim Fischen im Trueben wird

der Beifang zum Eigentlichen

 

II Erosion

 

Sturm & Wellen
die Gischt setzte sich

am Strand als Algenschaum ab

windverblasener Sand

vollgekotete Kringel

von Mœwen verlorene Federn

laufende Limikolen am Strand

Treibgut der Erinnerung

wuehlende Wuermer

Spuren im Sediment fuehren

zu etwas

was es zunæchst

gar nicht gibt

 

III Wahrnehmung als Akt der Sinnlichkeit

 

Sonnenstrahlen heizen Schlick auf

Larven schweben im Plankton

Pfuetzen verdampfen

konzentrierte Salzlake verbleibt

Der Wattenwurm gibt

eine Kotschlinge an

die Oberflæche

ab

Die Scholle lauert

beisst zu

& verzehrt 26

Segmente des Schwanzes

 

 

> Nachspiel in bestændiger Helligkeit

 

Verschachtelungen \ Verschiebungen / kurze Sequenzen

Unbestimmtheit trifft auf
Verlorensein =

 

Fremdheit bildet auf

dem Kamm der Welle

weiterhin die Grunderfahrung:

 

die verborgene Schœnheit bleibt bewahrenswert

das Gewicht der Welt offenbart

sich in den kleinen Dingen

 

 

 

***

Letternmusik, Gedichte von A.J. Weigoni, zuerst erschienen beim Rospo-Verlag, Hamburg, 1995 – remastered 2016 für die Edition Das Labor

Original-Holzschnitt auf das Cover gedruckt von Haimo Hieronymus

Weiterführend → Jeder Band aus dem Schuber von A.J. Weigoni ist ein Sammlerobjekt. Und jedes Titelbild ein Kunstwerk. KUNO faßt die Stimmen zu dieser verlegerischen Großtat zusammen. Last but not least: VerDichtung – Über das Verfertigen von Poesie, ein Essay von A.J. Weigoni in dem er dichtungstheoretisch die poetologischen Grundsätze seines Schaffens beschreibt.

Hörproben → Probehören kann man Auszüge der Schmauchspuren, von An der Neige und des Monodrams Señora Nada in der Reihe MetaPhon. Zuletzt bei KUNO, eine Polemik von A.J. Weigoni über den Sinn einer Lesung.