An bestimmten Tagen stehen die Bedeutungen klar im Raum, wie Skulpturen, die einer bildhauerischen Idee entwachsen, den Raum für sich erobert haben und selber zur Realität geworden sind. Man weiß dann, was passieren wird, noch wichtiger aber, was passiert ist. Mit einem selber, mit ganzen Situationen. Es mag vielleicht damit etwas zu tun haben, dass das Wetter gerade richtig ist oder eine andere zutreffende Zufälligkeit macht das Sein gerade zu einem taugenden Zugewinn. Die Sonne scheint und ebenso die Luft, sie scheint klar und aussagekräftig zu sein. Kein Streulicht von den Seiten stört die eigene Wahrnehmungsmöglichkeit. Plötzlich können die Dinge, alle, zueinander in eine unabsehbare Beziehung treten, die doch bedeutungsvoll erscheint. Herr Nipp hatte sich schon seit Tagen darüber Gedanken gemacht, warum er immer wieder die Beobachtung einer Kleinigkeit zum Ausgangspunkt ganzer Assoziationscluster werden ließ, lassen konnte und wollte. Niemals, schon als Kind nicht, auch in der Schule hatte ihm dies durchaus große Probleme beschert, war er in der Lage gewesen, beim Dingthema im engeren Sinne zu bleiben, ganz unwissenschaftlich schweifte er ab, stellte andere Bezüge her und die Dinge in neue Kontexte, die einen anderen Lichtschein auf das bekannte Objekt warfen und so die anderen, vielleicht verborgenen Seiten offen legten. Verglich die grundsätzlichen Schwierigkeiten der Währungswechselsysteme mit der symbiotischen Beziehung zwischen Ameisen und Blattläusen, stellte den Strategien der Autoindustrie gegenüber, dass der Rasen nur in den Wachstumsmonaten geschnitten werden dürfe. Nicht, dass irgendjemand in einer bestimmten Weise auch nur am Rande davon Notiz genommen hätte, er hütete die Gedanken in seiner intimsten Kammer, seinem Geiste. Versteckt wie das Gold von Fort Knox.
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Das Mittelmaß der Welt, unerhörte Geschichten von Herrn Nipp, KUNO 1994 – 2019
Die unerhörten Geschichten von Herrn Nipp sind glossierende Anmerkungen die sich schnoddrig mit dem Zeitgeist auseinandersetzen. Oft wird in diesen Kolportagen ein Konflikt zwischen Ordnung und Chaos beschrieben. Wir lesen sowohl überraschendes und unerwartetes, potentiell ungewöhnliches, das Geschehen verweist auf einen sich real ereigneten (oder wenigstens möglichen) Ursprung des Erzählten.
Weiterführend →
Zum Thema Künstlerbucher lesen finden Sie hier einen Essay sowie ein Artikel von J.C. Albers. Papier ist autonomes Kunstmaterial, daher ein vertiefendes Kollegengespräch mit Haimo Hieronymus über Material, Medium und Faszination des Werkstoffs Papier.
Die bibliophilen Kostbarkeiten sind erhältlich über die Werkstattgalerie Der Bogen, Tel. 0173 7276421