Sarajevo – Bilder der Erinnerung

 

Die zerstörten Häuser, die neugedeckten Dächer vom Flugzeug aus beim Landeanflug.

Der Flughafen: Nur das Nötigste in Funktion, im 1. Stock alles zerstört (Fenster)

Die Fahrt vom Flughafen zum Zentrum: Beiderseits der Straße alles zerstört (Hochhäuser).

Die Hochhäuser mit Büros und Wohnungen voll mit Granateneinschlägen (schwarze Löcher).

Der kleine Friedhof in Park mit den neuen Gräbern mitten unter den alten Grabsteinen.

Die junge Bettlerin mit dem Beinstumpf und dem Kopfbewegungstick in der Maršala Tita.

Die Harmonika spielenden Zigeunerkinder an einer anderen Straßenecke in der Altstadt.

Das völlig zerstörte Hotel Europa mit den rauchgeschwärzten Fensterhöhlen (Wiederaufbau).

Die ausgebrannte Hauptpost mit dem zerstörten Jugendstil-Interieur (Wiederaufbau).

Die völlig zerstörte Nationalbibliothek mit den verbrannten Büchern (Wiederaufbau).

Die mit bunten Graffiti versehenen Hausruinen mit Basketball spielenden Kindern.

Die unzähligen Granateneinschläge in Straßen, Gehsteigen und Hauswänden überall.

Die ausgelöschten Fußspuren des Gavrilo Princip vor dem früheren Jungbosnien-Museum.

Die alte Bosniakin mit einem Obstkisterl sitzend vor einem zerstörten modernen Bürohaus.

Die zerstörte Jugendstilvilla, früher Museum der Olympischen Winterspiele (Wiederaufbau).

Der Markt (Granatenmassaker, 68 Tote) mit den Frauen inmitten des Schmutzes am Boden.

Der schwarze BMW in der Bašèaršija mit laufendem Motor haltend („Mafia“ sagt der Mann).

Die Gräber der Christen, Moslems und Juden auf dem Stadtfriedhof (Aufbahrungshalle).

Die Synagoge und das jüdische Altersheim am anderen Ufer der Miljacka (wieviele noch?).

Die noch immer rasenden Autos auf der Straße nach Ilidža und Dobrinja (zum Flughafen).

Der Panorama-Stadtplan mit den Stellungen der Belagerer und den zerstörten Gebäuden.

Die verbrannten, verdorrten Bäume auf den zum Teil abgeholzten Hügeln rund um Sarajevo.

Die überall herrenlos herumstreunenden bellenden Hunde und die vielen hungrigen Katzen.

Die zerstörte, jetzt notdürftig reparierte Fußgänger-Brücke über die Miljacka zur Busstation.

Die mit Plastikstreifen kreuzweise verklebten Fenster einer Wohnung als Relikt von damals.

Die mit roter Füllmasse ausgeschmierten flachen Trichter der Granateneinschläge am Markt.

Die schwarz umrandeten Granateneinschläge an den Fassaden der Gebäude und Hochhäuser.

Die Einschläge von Maschinengewehrsalven in Straßenbahnen, Autobussen, Hauswänden,etc.

Die beiden Hochhaustürme mit den ausgebrannten oberen Stockwerken, die unteren besiedelt.

Der einbeinige Mann mit den Krücken, schlafend mit offenem Munde, vor dem Kaffeehaus.

Die abgebrochenen Stufen an den Steintreppen, die verbogenen Eisengeländer da und dort.

Die ausgebrannte Ruine des früheren kleinen Hospitals, an der ich jeden Tag vorbeigehe.

Die zugenagelte Holzhüttenpawlatsche des mir bekannten alten Fotografen in der Bašèaršija.

Die drei wehenden Fahnen über dem Eingang des Präsidentenpalastes in der Maršala Tita.

 

 

 

 

Photo: Gerald Ganglbauer

Weiterführend →

Über den dezidiert politisch arbeitenden Peter Paul Wiplinger lesen Sie hier eine Würdigung.

 Poesie zählt für KUNO weiterhin zu den identitäts- und identifikationstiftenden Elementen einer Kultur, dies bezeugte auch der Versuch einer poetologischen Positionsbestimmung.