Zum Essen eingeladen zu werden ist eigentlich immer schön, man kann sich schon kurz nach der Begrüßung an den festlich gedeckten Tisch setzen, vielleicht hilft man auch noch die einfachen Teller für die Suppe zu decken. Normalerweise erfreut sich dann der Gast nicht nur der Speisen, sondern auch der Getränke und der netten Gespräche.
Auch Herr Nipp war zum Essen eingeladen -dachte er, hatte aber wohl nicht richtig zugehört. Als er pünktlich ankam, saßen Gast- geber und Gäste gemütlich schon im mehr schattenverhangenen denn sonnen beschienenen Garten, tranken ein Gläschen und rauchten die obligatorische Zigarette. Auf dem Herd noch nichts zubereitet, glaubte er schon, dass die Speisen entweder im Keller bereit standen, im Kühlschrank vielleicht oder gebracht würden. Er setzte sich an den Tisch und plauderte mit den anderen.
„Willst du nicht mal anfangen? Wir haben Hunger!“ Verwundert blickte Herr Nipp vom Einen zum Anderen und zeigte sich ver- ständnislos.
„Du sollst deine berühmten frischen Fritten machen. Die Kartof- feln stehen im Keller, das Rapsöl auf der Anrichte, nimm doch bitte den großen Topf.“
Herr Nipp stand auf, holte die Utensilien zusammen, schälte Kartoffeln, ziemlich viele sogar, erwärmte das Öl, schälte eine Knoblauchzehe für die schöne Farbe, zerteilte die Kartoffeln in Stifte und Chipse und wartete, bis das Öl die richtige Temperatur hatte: Frittentest, wenn die hineingehaltene Fritte sofort sprudelte, war es richtig. Er frittierte die ersten beiden Portionen vor, die dritte sollte in einem durch fertig werden. Nach anderthalb Stunden konnte gegessen werden. Slowfood – selbst gemachte Fritten, ein Hochgenuss.
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Das Mittelmaß der Welt, unerhörte Geschichten von Herrn Nipp, KUNO 1994 – 2019
Die unerhörten Geschichten von Herrn Nipp sind glossierende Anmerkungen die sich schnoddrig mit dem Zeitgeist auseinandersetzen. Oft wird in diesen Kolportagen ein Konflikt zwischen Ordnung und Chaos beschrieben. Wir lesen sowohl überraschendes und unerwartetes, potentiell ungewöhnliches, das Geschehen verweist auf einen sich real ereigneten (oder wenigstens möglichen) Ursprung des Erzählten.
Weiterführend →
Zum Thema Künstlerbucher lesen finden Sie hier einen Essay sowie ein Artikel von J.C. Albers. Papier ist autonomes Kunstmaterial, daher ein vertiefendes Kollegengespräch mit Haimo Hieronymus über Material, Medium und Faszination des Werkstoffs Papier.
Die bibliophilen Kostbarkeiten sind erhältlich über die Werkstattgalerie Der Bogen, Tel. 0173 7276421