Glocken sollen das Böse abwenden

 

Giancarlo beneidete sie um ihre Unbeschwertheit. „Bin ich bereits so alt?“ fragte er sich. Stand auf und blickte ihnen hinterher, als sie hinter den Wagen verschwanden. Hörte Drehorgeln, eine Ziehharmonika. Das schmetternde Tschingderassa einer Kirmessorgel ging über in Gesprächsfetzen vorbeiziehender Passanten, schreiender Losbudenbesitzer und lautem Lachen.

Die blaue Stunde brach an. Giancarlo hatte aus dem Fenster gestarrt, die Augen geöffnet, und stand doch wie eingeschläfert. Er regte sich und spürte, dass ihm die Beine eingeschlafen waren. Die Glocke der Cranger Kirche schlug.

»Glocken…«, murmelte er, »… sollen das Böse abwenden!«, und fühlte in sich eine Leere und Stille, die der Schlag der Glocken zum Bersten bringen sollte. Stand auf, öffnete das Fenster, atmete die Abendluft ein.

 

 

Fortsetzung folgt.

***

Massaker, ein Cranger-Cirmes-Crimi von Barbara Ester und A.J. Weigoni, Krash-Verlag 2001

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In der Reihe Gossenhefte zeigt sich, was passiert, wenn sich literarischer Bodensatz und die Reflexionsmöglichkeiten von populärkulturellen Tugenden nahe genug kommen. Der Essay Perlen des Trash stellt diese Reihe ausführlich vor. Dem Begriff Trash haftet der Hauch der Verruchtheit und des Nonkonformismus an. In Musik, Kunst oder Film gilt Trash als Bewegung, die im Klandestinen stattfindet und an der nur ein exklusiver Kreis nonkonformistischer Aussenseiter partizipiert. Lesen Sie auch das Kollegengespräch von A.J. Weigoni mit dem echten Bastei Lübbe-Autor Dieter Walter. Eine Würdigung von Massaker durch Betty Davis lesen Sie hier. Die Hörfassung unter dem Titel Blutrausch hören Sie in der Reihe MetaPhon. Als Tag für die Vorstellung dieses Cranger-Cirmes-Crimis war der 11. September 2001 vorgesehen.