Wir bleiben in Verbindung

 

In der Polizeisonderwache Crange tigerte Martin Tilkowski unruhig auf und ab. Spürte die stetig ansteigende Fieberkurve. Wie sagt der Volksmund in dieser Region so treffend: „Die Kacke is‘ am dampfen.“ Und, so meinte der Alte eine Ankünftigung vorauszuahnen, es roch bereits streng. Er konnte fast dran fassen.

Ludwig, dieser sture Bock, hatte ihn einfach stehen gelassen und ihm die Tür vor der Nase zugehauen. So kannte er den Kollegen nicht. Ihm fiel der Fall mit dem Einbruch in Bochum wieder ein. Damals hatte Bronischewski kühles Blut bewahrt. An diesem Abend war er alles andere als abgeklärt, er ließ sich von seinem Gefühl leiten. Das passte nicht zu ihm.

»Galonska?«, bellte er ins Funkgerät. »Sind sie beim Kollegen Bronischewski?«, es ärgerte Tilkowski, dass er zwei Männer für eine halbwegs private Sache gehen lassen musste. Nach dem Feuerwerk tickten die Besoffenen regelmäßig aus, da brauchte er jeden Mann.

»Ja, Chef, alles paletti.«

»Gut dann!« Tilkowski schaltete das Funkgerät ab. Setzte seinen Rundgang durch die Dienststelle fort. „Dieser blöde Hund…“, schoss es ihm heftig durch den Schädel, „macht der noch am letzten Tag Mist, dann…“ Er blieb stehen. Überlegte nur kurz und ließ sich gleichfalls zu einer unüberlegten Reaktionen hinreißen. Er musste ihn da unbedingt rausholen.

»Ich mach‘ mal kurz ’ne Runde über die Kirmes!« Er übergab Gudrun Krawytz, der jungen Beamtin, das Funkgerät. Sie schaute verblüfft zu Tilkowski auf. Versuchte, schlau aus ihrem Chef zu werden. Hinter ihm hing ein Belegungsplan der Cranger Kirmes. Mehrere Plakate der vorangegangenen Kirmes sollten das Büro freundlicher gestalten.

»Ist gut, Chef.«

»Wir bleiben in Verbindung!« Tilkowski hielt das Mikrofon seines Funksprechgeräts hoch. Mit großen Schritten war er aus dem Zimmer, die Treppen der alten Cranger Schule herunter, und das Hemd war völlig durchgeschwitzt.

 

 

Fortsetzung folgt.

***

Massaker, ein Cranger-Cirmes-Crimi von Barbara Ester und A.J. Weigoni, Krash-Verlag 2001

Weiterführend →

In der Reihe Gossenhefte zeigt sich, was passiert, wenn sich literarischer Bodensatz und die Reflexionsmöglichkeiten von populärkulturellen Tugenden nahe genug kommen. Der Essay Perlen des Trash stellt diese Reihe ausführlich vor. Dem Begriff Trash haftet der Hauch der Verruchtheit und des Nonkonformismus an. In Musik, Kunst oder Film gilt Trash als Bewegung, die im Klandestinen stattfindet und an der nur ein exklusiver Kreis nonkonformistischer Aussenseiter partizipiert. Lesen Sie auch das Kollegengespräch von A.J. Weigoni mit dem echten Bastei Lübbe-Autor Dieter Walter. Eine Würdigung von Massaker durch Betty Davis lesen Sie hier. Die Hörfassung unter dem Titel Blutrausch hören Sie in der Reihe MetaPhon. Als Tag für die Vorstellung dieses Cranger-Cirmes-Crimis war der 11. September 2001 vorgesehen.