Schland – ein liebevoller Neckname für ein Land, das man langsam beginnt, ein wenig liebzuhaben im Unterschied zu früheren Jahrzehnten, wo viele Deutsche jedes südliche Ausland angeblich oder wirklich lieber mochten, wo man nicht gern als Deutscher (an)gesehen werden wollte. Weil es dumme und abgegriffene Clichés gab (und immer noch gibt), etwa von einem völlig falsch verstandenen preußischen Geist. Vielleicht dämmert manchem jetzt, dass der Ordnungssinn in Deutschland auch seine guten Seiten hat. Schland hat noch den ironischen Aspekt – eine Abgrenzung von national(istisch)en Gefühlen, die uns historisch so viele verheerende Folgen einbrachten. Ich seh’s als langsamen Genesungsprozess eines Volkes (einer Bevölkerung) nach Jahren begründeter Hemmung. Schland ist noch nicht „O bella Italia!“, aber auf dem Wege dahin, und das finde ich gut so, ja geradezu erleichternd. Ein Land, das sich selbst annimmt und mag, ist nicht so gefährlich wie ein Land, das Minderwertigkeitsgefühle hat und allzu skeptisch und selbstkritisch ist. Schland ist temporär eine gute Formel. Es klingt nach einem sonnigen Ort zwischen Schlange und Schlagsahne.
Der Preis unseres (deutschen) wirtschaftlichen Erfolges, der weitgehend noch anhält, besteht zu einem guten Teil darin, dass wir nun mal weder die (mittel)italienische Leichtigkeit, und schon gar nicht das griechische savoir vivre haben (können).
Im Übrigen bedeutet Globalisierung, dass sowohl Italiener als auch Griechen beim internationalen Wettlauf und Zocken im kapitalistischen Zirkus ihre Leichtigkeit verlieren werden. Dolce far niente – das ist bald endgültig vorbei. Und auch die asiatischen Mentalitäten, Philosophien, Religionen sind längst gefährdet und verwundet und spuken am reinsten noch in europäischen und nordamerikanischen Health Centers.
Ist Schland eine Utopie? Nein, es war aber mal eine. Und wo liegt Schland? Am epikuräischen Längengrad der hedonistischen Wortfelder – ungefähr zwischen Baldrian und Schländrian.
Anmerkung der Redaktion: Vor 10 Jahren wurde die Ausstellung Schland in der Werkstattgalerie Der Bogen in Arnsberg eröffnet. Zur Ausstellungseröffnung wurde der Super-8-Film Schland mit einem Ohr-Ratorium von A.J. Weigoni uraufgeführt. Frank Michaelis, Saxophon (Komposition), Marion Haberstroh und Kai Mönnich, Schauspieler. Remastered von Tom Täger für die Edition Das Labor, Mülheim an der Ruhr als DVD.