Jemand, der etwas Außerordentliches lebt.
Dessen Sprechen ausgespart bleibt.
Die Dinge, die er streift, berührt, bewegt, erzählen, was mit ihm geschieht.
Eine Abfolge von deutlich dekodiertbaren Geräuschen, das wollen wir nicht.
Jemand spricht. Nicht der Protagonist.
Er spricht von den Dingen, der Erzähler, und nirgends taucht die Person des Protagonisten auf.
Es klaffen Pausen an den Stellen, wo über die Person erzählt werden sollte. Diese Pausen müssen so dicht gefüllt sein mit den Vorstellungsenden der Zuhörer, dass die Person in der Negativform (in der Stille, dem Schweigen) sich formen kann.
Jemand, der nichts Außerordentliches, der nichts, außer Ordentliches lebt.
Der immer spricht, wenn er muss. Er lässt die Dinge sprechen, wenn er sie aufruft, indem er sie beim bekannten Namen nennt, sie analysiert. Das wollen wir.
Jemand spricht. Es ist der Protagonist. Er spricht von sich.
Nirgends taucht eine Idee von den Dingen auf, die nicht bereits bekannt wären. Jede Stelle, die persönliche Andeutungen fasst, wird durch das Paradigma gelöscht, ohne Übergang.
Werden einmal doch Übergänge notwendig, müssen diese so dünnhäutig sein, dass die Zuhörer zu tiefst betroffen sind von der überzeugenden Darstellung eines diskreten Drahtziehers.
Lust formt sich, und berühmte Idole wirken eindringlicher, weil sie zum Anfassen geeignet sind.
Jemand, der außer der Ordnung lebt. Der, wenn er muss, es sagt, dass er sich nicht verpflichtet sieht. Die Dinge, die ihn umkreisen, täuschen ihn oft, und er blamiert sich, wenn er das zugibt.
Ihn verfolgt Deutliches bis zur Unkenntlichkeit, seiner Unkenntlichkeit auch, wenn sich Wort und Ding distanziert bis distinguiert begrüßen.
Wer das will, legt sich mit ihm an.
Er ist es, über den er Dinge sprechen lässt.
Er spricht von den Anderen. Nirgends taucht ihm die Erschütterung ganz unter die Augen.
In den Pausen, die allen kommen, nur nicht ihm, lässt er die offenen Stellen wässrig eintrüben. Irgendwie fühlt er sich unterbrochen. Diese Eintrübungen können so wirksam ins Geschehen einsickern, dass die Zuhörer sich verstreiten, ob von einem Anfang oder von einem Ende her heute oder für alle Male gesprochen werden darf.
Was sich formt, kann nächtliche Traumzumutung sein. Keinem, der berühmt sein will, hat schon der Lorbeer in der Suppe gemundet, – vorausgesetzt, der Geschmack dominierte nicht.
Jemand, der in Ordnung lebt. Der spricht. Der die Dinge sagt, die ihn angehen.
Der allem folgt, wenn man auch ihm gehorcht. Das will er. Ein anderer spricht.
Nicht unbedingt sein Vater.
Er spricht über seine Influenza, seine Bakterien. Er spricht darüber, wie Menschen schwitzen. Nirgends taucht ein Emblem auf, das in seiner Wäsche hätte eingeäht worden sein.
In den Pausen lehnt er an Eisblöcken und verbrennt sich daran.
Diese Pausen verharmlosen trotzdem seine besten Gestattungen.
Wenn etwas in formt, ist es nichts, was ihn verlieren darf. In schalschmeckender Verzweiflung, man möchte sagen,“Routineverzweiflung“.
Wer besser über ihn schreiben kann, hat ihn einmal angefasst, während er seine Stimme vernahm. Doch in der Pause des Schweigens hat er ihn betrogen, indem er von ihm ließ.
Jemand, der außer sich lebt. Wenn er spricht, Antworten ihm die Dinge, und wenn sie sprechen, wendet er sich Ihnen zu. Er erkennt ihre Sprachen. Er will wie Andere nicht sein, er muss sich dafür nicht anstrengen. Nirgends taucht er zweimal auf. Nirgendwo ein zweites Mal. In den Pausen schweigt er so lange, bis Stille eintritt. Wenn sich vor seinen Augen etwas formt, an dem er nicht beteiligt ist, springt er ins Weiche, bevor die Form hart wird. Fast jeder will über ihn schreiben, aber er lässt sich niemals herbeizitieren.
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Weiterführend →
Lesen Sie auch das Kollegengespräch, das A.J. Weigoni mit Angelika Janz über den Zyklus fern, fern geführt hat. Vertiefend ein Porträt über ihre interdisziplinäre Tätigkeit, sowie einen Essay der Fragmenttexterin. Ebenfalls im KUNO-Archiv: Jan Kuhlbrodt mit einer Annäherung an die visuellen Arbeiten von Angelika Janz. Und nicht zuletzt, Michael Gratz über Angelika Janz‘ tEXt bILd