Über KING KONGS TÖCHTER von Theresia Walser
„Das ist nicht mein Beruf, ich frag mich, ob das überhaupt ein Beruf ist. Schon lange frag ich mich, wann aus diesem Nebensachengewurschtel endlich die Hauptsache erscheint…“ Berta, Carla und Meggie, drei Altenheimpflegerinnen, motzen ihren Beruf auf – aus lauter Frust an ihrer Arbeit inszenieren sie einen schönen Tod für die Alten: „Der Tod ist ein Termin. Und wir sind die Chefdisponentinnen.“ Sie lieben nur sich selbst und warten auf den Mann, der sie befreit. Aber der Erlöser weiblicher Sehnsucht kommt nicht. Bis der scharfe Rolfi auftaucht. Aber der kann die schlimme Not nur etwas lindern und kommt schnell ums Leben im Käfig der alten Drachen, die von Szene zu Szene ihren Kopf verlieren.
Die greise Welt ist ein groteskes Spiegelbild der jungen, dem Autismus und Egoismus der Alten steht der Narzissmus und die Einsamkeit der jungen Frauen gegenüber: King Kongs Töchter opfern die Alten ihrer Frustration, sie nennen das Sterbehilfe. Aber diese gesellschaftliche Euthanasie ist nur ein Bild unseres Alltags: Die Kinder fressen ihre Generation auf, die sie erzeugte.
Theresia Walsers Altenheimgroteske ist eine komische Tragödie über die Dialektik des Opferns: King Kong ist das Prinzip unserer Gesellschaft, sie ist der Drache, der Leviathan. Wir füttern diesen Drachen, wir opfern unseren Nächsten, bis wir selber drankommen. Wir, die Kinder King Kongs, fressen uns selber auf.
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Ulrich Bergmann nennt seine Kurztexte ironisch „gedankenmusikalische Polaroidbilder zur Illustration einer heimlichen Poetik des Dialogs“. Wir präsentieren auf KUNO eine lose Reihe mit dem Titel Splitter, nicht einmal Fragmente. Lesen Sie zu seinen Arthurgeschichten den Essay von Holger Benkel. Eine Einführung in seine Schlangegeschichten finden Sie hier.