The Soft Machine war der Titel eines Romans von William S. Burroughs, nach dem sich die Gruppe benannte. David Allen hatte Burroughs in Paris kennengelernt und von ihm die Erlaubnis zur Verwendung des Gruppennamens erhalten.
Der `Canterbury Sound´ entstand Anfang der 1960-er Jahre in der englischen in der Grafschaft Kent. Canterbury ist eine wunderschöne alte Bischofsstadt und hat Ihren Ursprung in der Römerzeit. Sie ist vor allem für ihre imposante und ehrwürdige Kathedrale berühmt, deren Ursprung schon im 11. Jahrhundert liegt. Weit über die Region bekannt sind die Tales of Caunterbury, eine Reihe von Erzählungen aus dem 14. Jahrhundert, die von Geoffrey Chaucer von ungefähr 1387 an geschrieben wurden. Zwei von ihnen sind in Prosa, die übrigen in Versen verfasst. Die Sprache ist das Mittelenglische, die Volkssprache jener Zeit. Die Erzählungen, von denen nicht alle als Original gelten, sind in eine Rahmenhandlung eingebunden, die von einer Pilgergruppe auf ihrem Weg von Southwark, einem damaligen Vorort und heutigen Stadtteil von London, nach Canterbury handelt. In Canterbury wollen die Pilger das Grabmal von Thomas Beckett in der Kathedrale besichtigen. Der Wirt Harry des Tabard Inn schlägt den dreißig Pilgern vor, auf dem Hin- und Rückweg je zwei Geschichten zu erzählen, und verspricht dem besten Erzähler als Preis eine Gratismahlzeit. Chaucers literarisches Vorbild war Giovanni Boccaccios Decamerone. Aus dieser Sammlung von 100 Novellen übernahm Chaucer vor allem das Organisationsprinzip der Rahmenhandlung; die Geschichten selbst sind Chaucers eigene Schöpfung. Die Themen der Erzählungen variieren, sie handeln von der höfischen Liebe, von Verrat und Habsucht. Die Genres variieren ebenso, es gibt Romanzen kurze rhythmische Erzählungen und Fabeln. Die Vielfalt der Canterbury Tales macht ihren Reiz aus. Chaucer verlieh jedem seiner Pilger eine charakteristische Sprache und eine passende Geschichte, so dass eine Vielzahl verschiedener Genres nebeneinander bestehen, durch die Rahmenhandlung aber dennoch eine Einheit darstellen. So vermag Chaucer fromme Heiligenlegenden, die höfische Dichtung und derbe Schwänke elegant und ohne Widerspruch zu verknüpfen. In jüngster Zeit haben sich vor allem Interpretationen als fruchtbar erwiesen, die die Canterbury Tales als Ständesatire deuten.
Wenn man den Sound der Canterbury Tales mithört, könnte man es als den Pop des 14. Jahrhunderts bezeichnen.
Aufgrund einer ausgeprägten Neigung zum Experiment finden sich im `Canterbury Sound´ unterschiedliche Einflüsse, wie früheste Ausprägungen des Prog-Rock, in dieser Szene spielen jedoch deutliche Jazzeinflüsse eine stärkere Rolle, die Rockkomponente ist schwächer ausgeprägt. Die Unterschiede zwischen den einzelnen Bands sind beachtlich. Pop-Songs, wie sie die frühen Caravan boten, stehen die ausgedehnten, kompromisslosen Jazzausflüge der mittleren Soft Machine gegenüber, einer Band, die ihrerseits zuvor psychedelisch angehauchten Pop gemacht und im Swinging London als große Konkurrenz von Pink Floyd gegolten hatte, daneben findet sich der sogenannte Space Rock von Gong. Ein wichtiges Merkmal stellt die innere Verflechtung der Szene dar.
Aufgrund innerer Verflechtung spricht man von der Canterbury-Szene als loser Kopplung verschiedener Musiker anstelle des Canterbury Sounds als eigenständigem Genre.
Der größte Unterschied von Soft Machine zu den anderen Bands liegt in der stärker jazzorientierten und zum Teil humorvolleren Spielweise des Canterbury. Aufgrund der erheblichen Unterschiede zwischen den einzelnen Bands ist es allerdings schwierig, den Canterbury Sound musikalisch an spezifischen Merkmalen festzumachen. Demgegenüber lässt sich als charakteristisches Merkmal des Canterbury anführen, dass eine sehr enge und zugleich innere Verflechtung zwischen den beteiligten Gruppen besteht. Mitglieder der stilprägenden Bands fanden sich oft in neuen Konstellationen zusammen und waren Teil später entstandener Gruppierungen. Fast jeder der beteiligten Musiker mit jedem anderen einmal zusammen in einer Band oder zumindest auf einer Platte gespielt. Urmutter der Canterbury-Szene war die 1963 gegründete Gruppe Wild Flowers, die sich im Juni 1967 auflöste. Ihr hatten bis 1966 schon einige Gründer von Soft Machine angehört (Robert Wyatt, Kevin Ayers, Hugh Hopper). Vier der verbliebenen Wilde Flowers bildeten Anfang 1968 die Avantgarde-Rock-Band Caravan, namentlich der Gitarrist Pye Hastings, Bassist Richard Sinclair, dessen Cousin Dave Sinclair an den Keyboards sowie Richard Coughlan am Schlagzeug; mehr dazu an anderer Stelle.
Soft Machine gehörte in den Jahren 1967 und 1968 zu den Hausbands des legendären UFO-Club in London, wo sie oft gemeinsam mit Pink Floyd auftraten.
Soft Machine versteht sich mehr als künstlerisches Projekt denn als klassische Rockband und experimentierte mit Soundcollagen und Lightshows. Zu Beginn war ihre Musik ein Crossover aus Psychedelica, Avantgarde, Jazz und Rock, gewürzt mit einer guten Prise britischen Humors. Kurz nach ihrer Gründung zieht es sie nach London. In der dortigen Psychedelic-Szene erlangt sie bald Kultstatus als Hausband in Clubs wie dem Roundhouse und dem UFO. Die Band verfolgt ein eigenes künstlerisches Konzept. Sie experimentierten mit Lightshows und Tonbandcollagen. Es entstanden erste Demo-Aufnahmen, die erst 1981 auf dem Album At the Beginning veröffentlicht wurden. Die zu dieser Zeit entstandenen Aufnahmen bewegten sich musikalisch noch sehr im kompakten Format üblicher Popsongs.
Nachdem die erste Single Love Makes Sweet Music (ein Zugeständnis an den Zeitgeist) im Februar 1967 nicht in die Charts kam, legten sie weitere Veröffentlichungen auf Eis und setzten ihre Tournee fort. Schließlich nahmen sie das selbstbetitelte Debütalbum während ihrer USA-Tournee im Frühjahr 1968 mit The Jimi Hendrix Experience in New York City auf. Produziert wurde es von Chas Chandler und Tom Wilson. Als das Album aufgenommen wurde, war die Band auf ein Trio geschrumpft: Nowlin verließ die Band im September 1966, nur rund zwei Monate nach ihrer Gründung, und Allen verließ die Band im August 1967 und gründete die Band Gong Nach der Fertigstellung des Albums trat der zukünftige Gitarrist von Police, Andy Summers, der Band bei, verließ diese jedoch nach nur zwei Monaten wieder, sodass die Band wieder in der dreiköpfigen Besetzung war.
Nach einem Engagement in Frankreich wurde David Allen die Wiedereinreise nach Großbritannien verweigert, weil er sein Visum bei einem früheren Besuch überzogen hatte. Er blieb in Frankreich und gründete Gong, Soft Machine nahm als Trio ihre erste LP auf, The Soft Machine.
Das Album erwacht geradezu mit einem abrupten Trommelwirbel und Wyatts Stimme im freien Fall zum Leben. Fragmentarische Wörter und Sätze sammeln sich langsam um Mike Ratledges dröhnende Lowery-Orgel und sanfte Anstöße von Kevin Ayers‘ Bassgitarre. Mit hallenden Rimshots, die von Lautsprecher zu Lautsprecher klappern, sollen die einleitenden Momente den Hörer eher neugierig machen und langsam hineinziehen, als seine Aufmerksamkeit zu fesseln. Wenn jedoch fast zwei Minuten später der Eröffnungstrack Hope For Happiness losgeht, bietet sein wilder, kratziger Sound kaum Zugeständnisse an Neulinge. „Komm an Bord oder bleib zurück“ ist die implizite Botschaft der federnden, halsbrecherischen Darbietung des Songs. Wyatts Stimme klingt rau und ungeschminkt, während er sich in lyrischen Liedern über philosophische und spirituelle Rätsel auslässt. Diese Combo ist die Summe seiner Persönlichkeiten. Wyatts stürmisches Schlagzeugspiel und seine exzentrische unauffällige Stimme, Ratledges abwechselnd explosive und gelehrte Keyboards und Kevin Ayers‘ hinkelsteingroße Bassgitarre. Der Sound erinnerte an ein surrealistisches Theaterstück an, in dem die Charaktere durch Worte und Töne sprechen, die zur Kommunikation gleichermaßen geeignet waren.
Da Soft Machine zur richtigen Zeit am richtigen Ort waren, wurde die Gruppe zum Aushängeschild der intellektuellen Gegenkulturbewegung, ein Mantel, den sie bald wieder abgeben sollten, als die Canterbury-Szene in verschiedene Fraktionen zersplitterte. Passend zur kläglich gescheiterten 1968-er-Revolution erzählt der Sound von Selbstkritik, sprudelnder Selbstbefreiung, Dadaismus, Minimalismus und im Übergang zu den 1970-er Jahren von Existenzkrisen und Exhibitionismus. Gerade als der Zuhörer sich auf die Fahrt einlässt, vollführt die Gruppe eine haarsträubende Handbremsenwendung und verwandelt sich in eine Wand aus beunruhigendem Lärm. Aus diesem Wrack fliegen atonale Keyboard-Akkorde Seite an Seite mit hallgetränkten Drums und mit Tonband bearbeiteten Klängen, die alle auf unheimliche Weise aus dem Nichts erscheinen, wie ein wütender Poltergeist, der aus einer Spielzeugkiste heraus Chaos anrichtet. Soft Machines Interpretation dieser Groove-Atmosphäre, die zu einer Zeit erschien, als psychedelische Effekte so ziemlich zum guten Ton gehörten, ist nicht die übliche kosmisch angehauchte Peace-and-Love-Audio-Garnierung, sondern etwas viel Rauheres, Konfrontativeres und Experimentelleres.
Popmusik bot nicht genug Raum für Improvisation … wir würden auf keinen Fall ein Lied zweimal auf die gleiche Weise spielen.
Kevin Ayers
Beständig ist bei dieser Combo der Wechsel. Neue Musiker kamen. Neuen Ideen wollten ausprobiert werden. Nach einer ausgedehnten Tour durch die USA, auf der sie als Vorgruppe von Jimi Hendrix auftraten, stieg Kevin Ayers nicht ganz unerwartet aus der Band aus. Es wurde Ersatz gesucht und gefunden: Hugh Hopper, der bisher Roadie der Band war. Dazu kam als Saxophonist sein Bruder Brian, ebenfalls Mitglied der Wilde Flowers. Hughs ausdrucksstarkes Spiel am Bass und seine Qualitäten als Komponist prägten die Band für längere Zeit. Nach Allens Ausstieg übernahm Mike Ratledge die Soli der Gruppe an einer Lowrey-Orgel und versuchte auf Anregung von Hendrix, den Sound mit einer Fuzzbox und einem Wah-Wah-Pedal aufzupeppen. Musikalisch ist das Album eine Übergangsveröffentlichung zwischen prägnanterer, konventioneller Popmusik mit avantgardistischer Elektronik und freier Jazz-Improvisation, wobei ein verkleinertes, Keyboard-geführtes Trio-Format ähnlich wie bei The Nice verwendet wird. In dieser Besetzung wurde 1969 das zweite Album aufgenommen: Volume Two. Die Musik auf diesem Album ist frenetisch, komplex und chaotisch, zuweilen geradezu absurd, insbesondere in Wyatts dadaistischem und manchmal bodenständigem Humor und seinen Texten. Natürlich trägt der ständige Ansturm der Schallwellen zur Absurdität bei und macht das Hörerlebnis manchmal ziemlich beunruhigend. Ein Genre für ein Album zu definieren ist beinahe unmöglich.
Volume Two besteht aus zwei langen Suiten Rivmic Melodies und Esther’s Nose Job mit zwei kürzeren Stücken dazwischen. Die Suiten sind eigentlich Einzelkompositionen, aber Frank Zappa riet Hugh Hopper, die langen Kompositionen in mehrere Teile aufzuteilen, um mehr Tantiemen zu bekommen. Laut Mike Ratledge war die Aufteilung in lange Stücke jedoch eine Anforderung der Plattenfirma, die auf der Tatsache beruhte, dass Radio-DJs eher dazu geneigt gewesen wären, kurze Songs von ein paar Minuten zu spielen als lange Songs.
Die 17-minütigen Rivmic Melodies in der ersten Hälfte des Albums bestehen aus 10 Abschnitten, die zwischen 10 Sekunden und 6 Minuten lang sind. Die meisten davon sind Hopper-Kompositionen mit Texten von Wyatt, aber der Höhepunkt der Suite ist ihr längster Abschnitt, die sechsminütige Ratledge-Komposition Hibou, Anemone and Bear im 13/8-Takt. Ratledge spielt ein wunderschönes Orgelsolo vor einem schwungvollen Hintergrund aus Klavier, Schlagzeug und Saxophon. Das Lied ist das erste Saxophon auf einem Album von Soft Machine. Hughs Bruder Brian Hopper spielt die Blasinstrumente auf dem Album und ist auf mehreren Stücken zu hören. Von nun an sollte das Saxophon für einige Jahre ein Hauptinstrument auf Soft Machine sein.
Auf Rivmic Melodies folgen zwei separate Stücke (obwohl einige Ausgaben sie fälschlicherweise als Teil der zweiten Suite bezeichnet haben). Das erste ist das manische As Long As He Lies Perfectly Still, komponiert von Ratledge, rockt im 7/4-Takt und wird von einer summenden Orgel begleitet, und Dedicated To You But You Weren’t Listening, begleitet von Hoppers Akustikgitarre und Ratledges Cembalo, das eine der wenigen Ruhepausen auf einem ansonsten sehr intensiven und dichten Album darstellt.
Das 11-minütige Esther’s Nose Job auf der B-Seite ist fast vollständig Ratledges Handarbeit. Ratledges Suite scheint noch anspruchsvoller und experimenteller zu sein als die erste. Ratledges gequält klingendem Lowrey-Knurren wird viel Raum gegeben, und sein Spiel ist gut, wenn auch nicht immer leicht anzuhören. Der Höhepunkt der Suite ist wahrscheinlich der zweiminütige Abschnitt Pig, in dem Robert Wyatt über die Freuden der Damenunterwäsche singt, aber am Ende sagt, dass es immer noch schöner ist, wenn man nackt ist. Ratledges Orgel brüllt und heult im Hintergrund wie ein heißes Ferkel. Frech. Aber lustig! Dies ist die Art von frechem kleinen Zeug, das in Zukunft auf vielen weiteren Alben der sogenannten Canterbury-Szene zu finden war.
Charakteristisch gegenüber dem vorangegangenen Album und im Übergang zu Third traten nun noch stärker typische Jazzharmonik, ungerade Metrik und durch Hugh Hopper eine dichtere Rhythmussektion in den Vordergrund. Ratledge verwendet Klavier und Orgel, Hopper und sein Bruder steuern einige Saxophonlinien bei und Wyatt verwendet bei einem Song sogar eine Akustikgitarre – wodurch die Band ruhigere Stimmungen erkunden kann. Etwa zur selben Zeit legten Soft Machine das „The“ im Bandnamen ab.
Kurzzeitig wurde die Gruppe durch den Jazzpianisten Kieth Tippett und Mark Charig (Trompete), Nich Evans (Zugposaune) und Elton Dean (Alt-Saxophon), der zum vierten ständigen Mitglied wurde. In dieser Formation wurden einige Konzerte bestritten und ein Teil des dritten Albums aufgenommen.
Third wurde von der Kritik hochgelobt und zeigt auch die Entwicklung der Gruppe in Richtung komplexerer Rhythmen und ausgedehnter Instrumentalstücke. Auf diesem Album lässt Soft Machine nahezu alle Pop-Einflüsse hinter sich und es gibt kaum noch Spuren von Psychedelic, da sich die Band einem ausgeprägtem Jazz-Rock-Stil zuwendet. Die fragmentierten Suiten kleiner Stücke früherer Alben wurden durch Stücke ersetzt, die längere Bögen bevorzugten. Third wurde als Doppelalbum veröffentlicht, wobei jede Hälfte des Albums nur einen Titel von fast zwanzig Minuten enthielt. Das Album beginnt mit dem von Hugh Hopper komponierten Facelift, einer Kombination aus zwei Teilen, die live vor Publikum aufgenommen wurden, mit einigen Ergänzungen im Studio. Der 19-minütige, höchst experimentelle Track beginnt mit avantgardistischen Orgelriffs und Drones. Langsam, während das Lied schwankt, wächst es vom Soundeffekt-Knurren des Anfangs zu einem musikalischeren. Ein dumpfer Orgelton fängt langsam an zu vibrieren, Geige und Orgel beginnen leise, darunter zu wabern, zu jaulen, zu kratzen, zu kreischen und zu quietschen, sanfte Saxophon-Töne stimmen ein, eine Intensitätssteigerung über gut fünf Minuten. Alles wartet in einem Moment der Besinnung darauf, dass jetzt endlich der erlösende Krach losgeht, dass das Stück so richtig losfetzt, aber stattdessen wird die behutsam aufgebaute Spannung zerstört, ein sanfter Teil beginnt, strukturierter und konziser, auch Robert Wyatts Schlagzeug mischt jetzt mit, aber beinahe versteckte Töne im Hinter- und Untergrund sorgen dafür, dass statt süßer Entspannung das Gefühl drohenden Unheils nur noch stärker wird als vorher. Plötzlich kommt das Tutti-Gekrächze, nicht so infernalisch wie befürchtet, um sich genau in dem Moment, in dem man dies erleichtert denkt, noch einmal zu steigern, um aber dann sofort einem seltsamen Orgelsolo mit darüber hinwegfahrendem Saxophon-Geschimpfe zu weichen, unterfüttert von pulsierendem Bass und Schlagzeug. Auch nach dem jähen Bruch beim Übergang zu der anderen Aufnahme bleibt die Nummer reichlich seltsam und zwischen E-Piano und fauchenden Flöten gibt es noch einiges zu entdecken. Insbesondere Ratledges so charakteristischer bienenartig-summender oder fuzz-verzerrter Orgelsound bleibt hervorstechend, die Lowrey-Orgel klingt hier perfekt. Elton Deans raue Saxophone tragen ihren eigenen kantigen Beitrag zu einem Sound bei, der bereits wie ein Narbengewebe ist. Die zweite Hälfte des Lieds tendiert stark zum Free Jazz und insbesondere Deans Saxophon dominiert die Musik auf eindrucksvolle Art und Weise.
Slightly All The Time wurde größtenteils von Ratledge komponiert wurde (Hopper steuerte einige Teile bei) und tendiert in Richtung Avantgarde-Jazz. Obwohl die Komposition das Werk des Keyboarders Ratledge ist, spielen Saxophon und Flöte mit Jimmy Hastings als Gastmusiker eine wichtigere Rolle als seine Orgel. Elton Dean stiehlt mit seinem intensiven und gekonnten Spiel allen die Show, und es besteht kein Zweifel daran, dass er mit Abstand einer der härtesten britischen Schlagzeuger seiner Generation war. Das Lied swingt lecker in 11/4- und 11/8-Taktarten und zeigt, dass Robert Wyatt, obwohl sein Herz woanders hing, selbst bei den komplexesten Liedern keine großen Probleme hatte, mit dem Rest der Band mitzuhalten. Im Gegenteil, Wyatts Spiel ist auf dem gesamten Album gekonnt und elegant.
Der einzige gesungene Track auf dem Album ist das 19-minütige „Moon In June“ von Robert Wyatt, in dem er in einem Bewusstseinsstrom in sein eigenes Leben eintaucht. Trotz seines Gesangs ist auch dieser Song kein richtiger Popsong. Wyatt hat Moon In June größtenteils alleine aufgeführt. Offenbar, weil die anderen Mitglieder nichts beitragen wollten. Im ersten Teil des dreiteiligen Songs spielt Wyatt alle Instrumente (Schlagzeug, Bass, Keyboards) selbst, wobei der Gesang durchgehend im Mittelpunkt steht. Von hier aus gehen wir in den optimistischen zweiten Teil über, in dem die ganze Band einsteigt. Dieser Instrumentalteil ist in seiner Rauhigkeit hörenswert, auch wenn die Live-Versionen noch energetischer waren. Der Song endet mit einem atonalen dritten Teil mit einer Geige des Gast-Musikers Rab Spall, der dann durch Manipulation der Bänder mal beschleunigt, mal verlangsamt wird, um ihn zum Rest der Musik zu passen..
Out-Bloody-Rageous, ist eine Komposition von Mike Ratledge, die sein Interesse an minimalistischer Musik zeigt. Terry Rileys Einfluss ist besonders in den zyklischen Orgelmustern des Songs und den hin- und herlaufenden Tonbandschleifen deutlich zu erkennen. Ratledge verwendet im frühen Teil des Songs einen saubereren, glockenartigeren Orgelklang, als wir es von ihm gewohnt waren. Nach etwa fünf Minuten geht der Song in eine Jazz-Rock-Sequenz über, als die Rhythmusgruppe mit Deans Saxophon einsteigt. Etwas nach sechs Minuten startet Ratledge in ein feuriges Orgelsolo, das wirklich atemberaubend anzuhören ist. Nach mehreren Minuten Orgelsolo beruhigt sich das Album in einem schönen atmosphärischen Abschnitt, in dem Dean mit seinem Sopransaxophon im Rampenlicht steht. Am Ende des Titels kehren wir in die elegant minimalistische Atmosphäre zurück, wobei ein auf Tonband aufgenommenes Klavier das Eröffnungsthema spielt.
Third ist ein interessanter Schritt in eine neue Richtung für Soft Machine. Mit dem im Juni 1970 veröffentlichten Album Third betrat Soft Machine den Bereich des experimentellen Jazz-Rock, und die noch eindrucksvolleren Alben Fourth und Fifth, die folgten, setzten diesen Trend fort.
Die Musik driftete immer mehr in Richtung Jazz, was zu internen Kontroversen führte. Robert Wyatt, der gerne mehr Gesang eingebracht hätte, verließ nach dem vierten Album, das den schlichten Namen 4 trug, ausschließlich im Studio entstand und nur Instrumentalstücke beinhaltete, 1972 die Band. Für die Aufnahmen waren wieder Charig und Evans dazugekommen, aber auch noch Roy Babbington am Kontrabass, sowie Jimmy Hastings an Altflöte und Bassklarinette und Alan Skidmore am Tenorsaxofon. Das Ergebnis ähnelt einer britischen Variante des Big-Band-Sound mit Einflüssen aus John Coltranes Musik und dem europäischen Free Jazz. Die subtile elektroakustische Mischung von Fourth hat eine dezente Coolness, in der ihre erweiterte Bläsersektion in eine nachdenkliche Partitur eingespannt wird. Sie wird mit einschneidender Wirkung auf dem kantigen Teeth eingesetzt und ist allem von Third ebenbürtig. Mike Ratledge wird nur als Autor eines einzigen Songs für das Album genannt, aber was für einer! Teeth ist eine spannende Reise an die äußersten Grenzen der Fusion, die an Zappa erinnert. Der Song reicht von explosiv bis gelehrt und fasst alles zusammen, was diese Version von The Machine so wunderbar machte.
Hugh Hoopers träges Kings And Queens ist eine andere Art von Reise. Wyatts Schlagzeug taumelt und kracht leise im Hintergrund, während Elton Dean das gesamte Lied über verführerische Soli spielt. Die erste Seite endet mit der ersten Komposition der Gruppe, die Elton Dean zugeschrieben wird, furchterregenden Fletcher’s Blemish. Höllische Hörner, furchterregende Orgelklänge, zwitschernde Trommeln und einige gestrichene Bässe des zukünftigen Mitglieds Roy Babbington beenden die erste Seite mit einem beunruhigenden Ausrufezeichen.
Die beiden LP-Seiten des fünften Albums 5 wurde mit zwei verschiedenen Schlagzeugern aufgenommen. Zuerst kam Phil Howard, mit dem die Band im Herbst 1971 bei den Donauerschinger Musiktagen auftrat. Er verließ die Gruppe aber bereits nach kurzer Zeit, und als Nachfolger kam John Marshall. Mit diesem Album gingen Soft Machine den eingeschlagenen Weg konsequent weiter. Alle Stücke sind instrumental mit zum Teil komplizierten Rhythmus- und Harmoniewechseln. Durch John Marshall entwickelte sich die Musik in Richtung Jazzrock. Dies wiederum war nicht im Sinne Elton Deans: Er verließ die Gruppe 1972. Seinen Platz nahm der Oboist, Saxofonist und Keyboarder Karl Jenkins ein. Das daraufhin entstandene Doppelalbum Six zeigte bereits starken Einfluss von Marshall und dem neu hinzugekommenen Jenkins.
Das vierteilige „Virtually“ führt gedämpfte, gewundene Schichten kaskadierender Linien über Hugh Hoppers Grab-Fuzz-Bass ein. Einige Abschnitte dieses Stücks wirken recht straff und andere recht locker, oft im selben Song, man höre Virtually, Part 2. Hoppers Vorliebe für einfache und oft melodische Muster (zumindest auf diesem Album) bietet eine hervorragende Grundlage für Solos, die größtenteils von Elton Dean übernommen werden, dessen Spiel der Band weiterhin eine harsche Note verleiht. Die letzten beiden Teile befassen sich mehr mit amorphen Raumklängen. Hier belegt Soft Machine, dass ihr Sinn für Abenteuer intakt geblieben ist, als sie in die unbekannten Gewässer der experimentellen Jazz-Rock-Fusion eingebogen sind.
1973 verließ auch Hugh Hopper das Ensemble. Sein Nachfolger Roy Babbington, der schon beim vierten Album zusätzlich zu Hoppers E-Bass als Kontrabassist mitgewirkt hatte, war bis zu den Aufnahmen des siebten Albums Seven als einziger Bassist dabei. Der Wandel in Richtung Fusion war nun endgültig vollzogen, die Stücke waren wieder kürzer und rhythmisch geradliniger.
Der Großteil der Kompositionen von vom Keyboarder Mike Rattledge, dem ursprünglichen Mitbegründer von Soft Machine. Seine relative modale / harmonische Stasis der Musik ordnet das Klangmaterial und die komplex verwendeten Tonarten in frei schwingende Musik ein. 5 perfekte Kombination aus Psychedellic-Rock und Avantgarde-Jazz. Ein Highlight ist der modale Zerstörer Drop, der atemberaubende, übersteuerte Synthesizer-Akrobatik von Rattledge bietet. Es gibt schlangenartige Grooves des Openers All White mit der Hommage an Ornette Coleman und Albert Ayler von Elton Dean. Und schließlich hören wir Rattledges obskure Filmmusik für den feministischen Kunstfilm Riddles Of The Sphinx großartig, in Bone, dem mysteriösen Schlussstück des Albums, einen flüchtigen Blick auf die hypnotischen minimalistischen Arabesken zu erhaschen, die einem didgeridooartigen Dröhnen und spärlichen Schlägen von nachhallender Flöte und Perkussion gegenüberstehen.
Wie bei jeder Band gehen die Meinungen der Kritikaster darüber weit auseinander, welche die beste Besetzung ist.
Das Album Seven erschien ursprünglich im Winter 1973 und zeigt eine Gruppe, die sich meilenweit von ihren psychedelischen Ursprüngen entfernt hat. Die mosaikartigen Reihen ineinandergreifender Kompositionen wirken im Vergleich zu einigen ihrer frei fließenden Vorgänger angenehm homogen. Es ist ein Album voller überzeugender Soli, die mit blitzartiger Erfindungsgabe daherkommen, von Mike Ratledges flitzenden Synthesizerläufen über Nettle Beds Achterbahn-Rifferama bis zu Jenkins‘ leidenschaftlichem Monolog in Tarabos. Während Karl Jenkins sich dem kreativen Zentrum der Band näherte, trieben die Softs ihre auf Riffs und Ostinato basierende Musik voran, Keyboard- und Rohrblattmelodien kreuzten sich in unerwarteten Winkeln mit gestrafften, aber oft in ungeraden Takten gespielten Bässen und Schlagzeugen, und das alles floss mit gedämpften, spacigen Klangfarben und manchmal hypnotischer Wiederholung (und natürlich Bridges oder Codas aus hallenden Keyboard-Loops) vorwärts. Dann wären da noch die sägenden Harmonien von Roy Babbingtons Arc-Bass in den verlöschenden Glutnischen von Down The Road, John Marshalls sich ständig verändernde Grooves und die messerscharfe Fuzz-Orgel von Day’s Eye, einem von Ratledges herausragenden Stücken. All dies fließt mit verblüffender Ausdruckskraft wie ein langer ruhiger Fluss dahin. Doch so herausragend diese Momente auch sein mögen, das sanfte Leuchten und die Texturen, die dieses wohl am besten produzierte Album ihrer Karriere durchdringen, sind genauso wichtig.
Mike Ratledge komponierte für Seven ein Trio zusammenhängender Stücke, eine Art von Mini-Suite, die mit dem modalen 9/8-Stück Day’s Eye beginnt und ein Solo-Feature enthält, bei dem er seinen patentierten Fuzz-Orgel-Ton ausspielen kann. Es führt über den kurzen Ausbruch von Bone Fire (bei dem Jenkins die Variationsmöglichkeiten seines Baritonsaxophons auf die Probe stellt) zum wirklich harten Tarabos, dessen Bass-/Keyboard-Vamp nach oben zieht und sich an schrägen Stellen entlang einer 18-Beat-Sequenz auflöst, während Jenkins wilde Soli mit einem Signalsplitter an seinem Instrument spielt. Jenkins gibt das Tempo des Albums vor, beginnend mit dem optimistischen, unscharfen Riffing des eröffnenden Nettle Bed und dem treibenden, verträumten Carol Ann über seine eigene Suite verbundener Stücke in der zweiten Hälfte, darunter das Trance auslösende Penny Hitch, das mit Vollgas fahrende Block (das sich zu einem abrupten Staccato-Unisono-Abschluss aufbaut und der vergleichsweise entspannte 5/4-Vamp von Down the Road mit einem traumschönen Arco-Akustikbass-Solo von Babbington.
Das Album endet mit drei Minuten spaciger Keyboard-Loops, die in zwei Teile unterteilt sind, wobei der erste Teil, The German Lesson, Ratledge als Komponist zugeschrieben wird und der zweite Teil, The French Lesson, Jenkins, es gibt jedoch keine erkennbare Trennung oder musikalische Differenz zwischen ihnen. Die Konstellationen aus hohen Tönen und schnurrenden Bass-Loops, die von massenhaft Fender Rhodes hervorgerufen werden, wirbeln in hypnotischen Wirbeln und Schneekugelmustern. In dieser Dämmerwelt lebt eine Band, die sich in ihrer eigenen Haut wohl und sicher fühlt. Seven ist ein ehrenvoller Abschied einer der innovativsten Bands der 1970-er Jahre.
Nachdem etwas später mit Mike Ratledge das letzte Gründungsmitglied Soft Machine verlässt, ist die kreative Geschichte der Band eigentlich beendet. Zu dieser Zeit gab es noch keinen Pop mit Pensionsanspruch. Diese Combo war eher ein organisches Gebilde, bei dem Musiker kamen und gingen, als eine Band, aber genau das führte ständig zu Innovationen. Auf ihren sieben Alben hört man auf Grund der Personalwechsel im Grunde sieben verschiedenen Bands. Niemand dachte zu Beginn der 1970-er Jahre, dass Pop-Musik eine Zukunft hätte. Für die Menschen dieser Zeit war das Jahr 2001 eher SF als etwas, was man selbst noch erleben würde. Den damaligen Hörern von Pop muss die Vorstellung von Pop-Stars vollkommen absurd angemutet haben, die ihr Lebenswerk so ordnen, als handele es sich um eine kritische Gesamtausgabe von Heinrich von Kleist.
Wenn man bedenkt, wie frei von allen Konventionen diese Band aus Canterbury klang, seit sie den Titel des Cut-up-Romans von William S. Burroughs angenommen hatte, hätte der Pate ihre Hinwendung zu den sich wandelnden Jazzformen zu Beginn der 1970er Jahre wahrscheinlich begrüßt. Es gab danach immer wieder Versuche, den revolutionären Geist dieser Combo wiederzubeleben, nichts jedoch reicht klangästhetisch an die abwechslungsreichen Jahre zwischen 1968 – 1973 heran.
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Soft Machine, The Soft Machine, Volume Two, Third, Fourth, Fifth, Six, Seven. 1968 – 1973
Ergänzend: At the Beginning 1977
Weiterführend → Der Musikkritiker Ben Watson bezeichnet Zappas Mothers of Invention als „politisch wirksamste musikalische Kraft seit Bertolt Brecht und Kurt Weill“ wegen deren radikalem, aktuellen Bezug auf die negativen Aspekte der Massengesellschaft. So besehen war Frank Zappa neben Carla Bleys Escalator Over The Hill einer der bedeutendsten und prägendsten Komponisten des 20. Jahrhunderts. Die Komponistin führt uns vor Ohren, dass Improvisation ein gesellschaftspolitisches Idealmodell ist. Andere Nebenwege starten mit der Graham Bond Organisation, dem Blues… und diese Abwege münden in suitenartigen Kompositionen. Musikalisch konnte man seinerzeit auch Traffic nicht genau einordnen. „Extrapolation gilt heute als eines der klassischen Alben des britischen Jazz, auf dem „Jazz und Rock paradigmatisch fusioniert“ werden.“, schrieb Ulrich Kurth. Das Album dürfte neben Hot Rats von FZ für den Beginn des Jazz-Rock stehen.Es ist eine einzigartige Fusion so vieler unterschiedlicher Stile, was die eine Hälfte der Freude ausmacht; die andere Hälfte ist das Mysterium, wie es die Combo mit den wechselnden Besetzungen von Anfang bis Ende so wunderbar hinbekommt. Wenn man bedenkt, wie frei von allen Konventionen Soft Machine aus Canterbury klang, seit sie den Titel des Cut-up-Romans von William S. Burroughs angenommen hatte, hätte der Pate ihre Hinwendung zu den sich wandelnden Jazzformen zu Beginn der 1970er Jahre wahrscheinlich begrüßt. Fast alles, woran Steve Winwood beteiligt war, hatte etwas für sich, aber in all den Jahren hatte er seine besten Momente mit Traffic, mit zeitlichem Abstand lässt sich hören, wie gut diese Musik gealtert ist. Zu hören ist auch auf „Bitches Brew“ ein kollektives Musizieren, das Miles Davis als einen Komponisten erweist, der individuelle Freiheit mit respektvollem Zuhören vereint. Aus dem schillernden Klangbild der Lounge Lizards brechen reizvolle Statements hervor. Anton Fier belebt ein groovendes Energiefeld mit abstrakter Vieldeutigkeit. Spannend sind John Luries freidenkerische Dekonstruktionen der Jazz-Strukturen; Fake Jazz erscheint plötzlich als das Eigentliche!