Erbsengruß

 

Bis gegen halb vier morgens hatte er im Bett gelegen, wach, unendlich müde, sich von einer Seite auf die andere gedreht, hatte auf dem Bauch gelegen und war letztlich nach hartem Kampf auf dem Rücken, ganz plan liegend, eingeschlafen. Gedanken waren Herrn Nipp durch den Kopf gestiefelt, wie Armeen, hatten ihre verwüstenden Spuren hinterlassen, verbrannte Landschaften einer Erinnerung. Nur wollte ihm nicht in den Sinn kommen, was dies ausgelöst hatte. Gegen zwei Uhr musste er dann das Licht wieder einschalten, sich ein Buch zur Hand nehmen und lesen. Die Lebensgeschichte eines Amerikaners, der alles letztlich nur hinnimmt, immer, wenn er selbst die Initiative zur Veränderung ergreift, auf die Nase fällt und letztlich so etwas wie Glück erkennt. Er findet sein Glück in Zufriedenheit, das mag sich erst einmal seltsam anhören. Aber die Erkenntnis von Zufriedenheit wird letztlich nur wenigen Menschen zuteil, weil sie niemals etwas als gegeben annehmen können. Er aber erkennt, dass der „Ganze Hassel um die Knete“ wie es bei Ideal in den achtziger Jahren besungen wurde „taub und stumm“ macht. Erkennt die Möglichkeiten ohne Geld, dass das Sein an sich eine Qualität hat. Auch Herr Nipp dachte in dieser Nacht über die Möglichkeiten nach, die Chancen, welche seiner harrten, wenn er doch nur zupacken würde. Am nächsten Tag würde er sich eine Prioritätenliste schreiben, nicht mehr von einem Tag in den nächsten leben, das hatte er sich fest vorgenommen, hatte er sich fest in den weiteren Lebensplan geschrieben. Er würde ein durch und durch durchstrukturierter Mensch werden, der nichts dem Zufall überlassen, sondern selber handeln würde. Nur auf den Grund für seine Schlaflosigkeit war er einfach nicht gekommen. Am nächsten Morgen entdeckte er, dass irgendjemand sein Portmonee unter der Matratze versteckt hatte und dadurch wohl ein unerwarteter Buckel entstanden war. Natürlich musste er sofort an Andersen denken, die Prinzessin auf der Erbse.

 

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Das Mittelmaß der Welt, unerhörte Geschichten von Herrn Nipp, dokumentiert auf KUNO 1994 – 2019

Weiterführend → Zu einem begehrten Sammlerstück hat sich die Totholzausgabe von Herrn Nipps Die Angst perfekter Schwiegersöhne entwickelt. Außerdem belegt sein Taschenbuch Unerhörte Möglichkeiten, daß man keinen Falken mehr verzehren muss, um novellistisch tätig zu sein. Herr Nipp dampft die Gattung der Novelle konsequent zu Twitteratur ein. Und außerdem präsentiert Haimo Hieronymus die bibliophile Kostbarkeit Über Heblichkeiten, Floskeln und andere Ausrutscher aus den Notizbüchern des Herrn Nipp. Begleitendes zur Veröffentlichung des Buches Fatale Wirkungen, von Herrn Nipp (Mit Fotos von Stephanie Neuhaus). Über die historische Aufgabe von Herrn Nipp aus Möppelheim.

Zum Thema Künstlerbucher lesen finden Sie hier einen Essay sowie ein Artikel von J.C. Albers. Vertiefend auch das Kollegengespräch mit Haimo Hieronymus.

Diese bibliophile Kostbarkeiten sind erhältlich über die Werkstattgalerie Der Bogen, Tel. 0173 7276421