nachgedichtet aus dem Panchatantra
Im fernen Osten
lebte einst ein wilder Stier
mit dem Namen: Protzklœte!
Vor lauter mænnlicher Kraft
& Uebermut verliess er seine Herde
riss die Flussufer mit seinen Hœrnern auf
weidete auf smaragdgruenem Gras
wo & wann immer
er Lust hatte
& verwilderte in einem Wald.
In diesem Wald lebte ein Schakal namens:
Gierschlunk.
Eines Tages schlenderte er mit
seiner Frau am sandigen Flussufer entlang
in diesem Moment kam Protzklœte an
die gleiche Stelle zum Fluss herunter
um zu sich zu laben.
Die Schakalin sagte zu
ihrem Mann als sie die herunterhængenden Hoden
des Stiers sah:
»Sieh! Zwei riesige Klumpen Fleisch hængen
an diesem Stier herunter
die werden jeden Augenblick fallen
spætestens in ein paar Stunden …
Du musst ihm folgen – ich bitte Dich.«
»Meine Liebe, das weiss man nicht.»
– wendete der Schakal ein –
»Mag sein…
dass sie in ein paar Tagen herunterfallen
– vielleicht auch nicht
willst Du mich in ein Boxhorn jagen?
Hier wuerde ich lieber mit
Dir bleiben
Mæuse fressen
die an den Fluss zur Trænke kommen.
Die kommen immer diesen Weg entlang…
Wenn ich dem Stier folge
wird jemand anders hier–
herkommen & diese Stelle besetzen
Besser ist es das nicht zu tun
Du kennst das alte Sprichwort:
« „Wenn Du etwas was Du sicher hast aufgibst fuer
etwas das unsicher ist
dann ist das was sicher war
nicht mehr sicher
& was unsicher war
war schon vorher verloren.“
»Komm…«
lockte sie,
»… Du bist ein Feigling
Du bist mit dem Geringen zufrieden
Du liegst falsch damit!
Wir sollen immer voller Tatendrang sein
Mænner besonders!«
so sagt das Sprichwort:
„Sei tatkræftig & mæchtig
lass Dich nicht zur Trægheit verfuehren
lass Unternehmenslust & Vorsicht sich umarmen
dann ist alles Glueck auf Deiner Seite
– es kann nicht anders sein.“
»… & ausserdem…«
„Lass niemanden
der vom Schicksal geschlagen ist
in faule Selbstzufriedenheit versinken.“
„Es gibt kein Sesamoel
wenn Du den Sesam nicht presst.“
»& was Deine Æusserung betrifft
ob sie herunter fallen
– oder nicht
Denke an das Sprichwort:«
„Pure Masse ist nichts
dem Entschiedenen ist Ehre sicher
Gott bringt dem Kiebitz Wasser
wer kœnnte es wagen ihn arm zu nennen?“
»Nebenbei bemerkt
mir hængt das Mæusefleisch zum
Hals heraus
& diese beiden Fleischklumpen sind
gerade dabei herunter zu fallen…
Du kannst Dich mir nicht widersetzen.«
Als er dies alles gehœrt hatte
verliess er die Stelle
an der die Mæuse gefangen wurden
& folgte Protzklœte
Wie weise ist doch das Sprichwort:
„Nur solange der Mann
nicht die Frau in
sein Ohr fluestern hœrt
ihn gegen seinen Willen zu leiten
ist er sein eigener Herr.“
»& ausserdem…«
„Beim Handeln :
was man nicht tun soll
soll man tun…
Beim Bewegen :
was nicht sein kann
kann sein…
Beim Essen :
was nicht gegessen werden soll
soll gegessen werden…
…wenn das Gefluester der Frau den Mann leitet.“
So verbrachte der Schakal
mit seiner Frau
viel Zeit damit
dem Stier hinterherzuwandern.
Aber
die Hoden fielen
nicht herunter.
Schliesslich im fuenfzehnten Jahr
alt & grau geworden
sagte er zu seiner Frau:
»Lose sind sie
dennoch fest
fallen sie ab
oder bleiben sie dauerhaft?
Ich habe sie beobachtet
bis ins fuenfzehnte Jahr
lass uns daraus schliesssen
dass sie auch in Zukunft
nicht abfallen werden
lass uns
an unseren alten Mæuseweg zurueckkehren.«
***
Dieses Gedicht ist wieder erhältlich in: Der Schuber, Werkausgabe der sämtlichen Gedichte von A.J. Weigoni. Edition Das Labor, Mülheim 2017
Die fünf Gedichtbände erscheinen in einer limitierten und handsignierten Ausgabe von 100 Exemplaren. Auf jedem Cover findet sich ein Original-Holzschnitt von Haimo Hieronymus, den der Künstler direkt auf die jeweiligen Cover gestanzt hat. Zudem liegt für die Sammler noch eine Original-Graphik des Künstlers bei.
Alle Exemplare sind zusammen mit dem auf vier CDs erweiterten Hörbuch in einem hochwertigen Schuber aus schwarzer Kofferhartpappe erhältlich.
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