Irrlichter

 

Ungeziefer mannichfaltig

Nagt der Geister Ruhm;

Viel Gesindel, allgestaltig

Nascht vom Heiligtum.

 

Ja und Nein, und Mehr und Minder

Würfeln sie herum

Drehn und kehren es geschwinder

Schnell im Kreise um.

 

Ihnen gibt es kein Geheimnis

Als das Einmal Eins,

Auch im Schwatzen kein Versäumnis

Alles Eins und Keins.

 

Wie das Böse Gott erschaffe,

Groß wie sie gesinnt,

Sich das All zusammenraffe,

Lehren sie geschwind.

 

Allem Tüchtigen abwendig

Ist ihr eitler Mut,

Nur im Nichtigen beständig

Diese neue Brut.

 

Sie verschmähn die starke Rede

Von dem Kampf des Lichts,

Lieben und vergöttern jede

Ausgeburt des Nichts.

 

Wie der Mücken Schwarm unzählig

Längst dem Strome zieht,

Summen andre, haschen selig

Nach Gesang und Lied.

 

Jedes neuen Scheins gewärtig

Mit des Seelchens Flug,

Sind sie schon von Anfang fertig

Schreiben Buch auf Buch.

 

 

 

 

* * *

Friedrich Schlegel um 1790, Kreidezeichnung von Caroline Rehberg

Weiterführend Poesie zählt für KUNO zu den identitäts- und identifikationstiftenden Elementen der Kultur, dies bezeugt der Versuch einer poetologischen Positionsbestimmung. Um den Widerstand gegen die gepolsterte Gegenwartslyrik ein wenig anzufachen schickte Wolfgang Schlott dieses  post-dadaistische Manifest. Warum Lyrik wieder in die Zeitungen gehört begründete Walther Stonet, diese Forderung hat nichts an Aktualität verloren. Lesen Sie auch Maximilian Zanders Essay über Lyrik und ein Rückblick auf den Lyrik-Katalog Bundesrepublik, sowie einen Essay über den Lyrikvermittler Theo Breuer. KUNO schätzt den minutiösen Selbstinszenierungsprozess des lyrischen Dichter-Ichs von Ulrich Bergmann in der Reihe Keine Bojen auf hoher See, nur Sterne … und Schwerkraft. Gedanken über das lyrische Schreiben. Lesen Sie ein Porträt über die interdisziplinäre Tätigkeit von Angelika Janz, sowie einen Essay der Fragmenttexterin. Ein Porträt von Sophie Reyer findet sich hier, ein Essay fasst das transmediale ProjektWortspielhallezusammen. Auf KUNO lesen Sie u.a. Rezensionsessays von Holger Benkel über André Schinkel, Ralph PordzikFriederike Mayröcker, Werner Weimar-Mazur, Peter Engstler, Birgitt Lieberwirth, Linda Vilhjálmsdóttir, und A.J. Weigoni. Lesenswert auch die Gratulation von Axel Kutsch durch Markus Peters zum 75. Geburtstag. Nicht zu vergessen eine Empfehlung der kristallklaren Lyrik von Ines Hagemeyer. Diese Betrachtungen versammeln sich in der Tradition von V.O. Stomps, dem Klassiker des Andersseins, dem Bottroper Literaturrocker „Biby“ Wintjes und Hadayatullah Hübsch, dem Urvater des Social-Beat, im KUNO-Online-Archiv. Wir empfehlen für Neulinge als Einstieg in das weite Feld der nonkonformistischen Literatur diesem Hinweis zu folgen.