Monat: Februar 2005

HIMMEL

verschlingt ein tiefes blau das lager der gestirne bleibt allein der morgenstern als kopf mit nägeln scharf nach dem nachtbad der sonne fliegen adler dem licht entgegen erweckt die kühle ihres schnabels bricht der tag herein rinnt tau wie blut…

Editions Phi

  Wenn wir von „deutschsprachiger“ Lyrik sprechen, vergessen wir allzuoft, daß in Luxemburg auch Gedichte „auf gut deutsch“ geschrieben werden. Seit Jahrzehnten bereits erscheinen in der Editions Phi Gedichtbände von Menschen, von denen ich bislang nichts, aber auch gar nichts…

Re:play

  das Verhæltnis zwischen Original & Reproduktion Authentizitæt & Artefakt wird zu einem homœopathischen Arkanum   Unschluessigkeit im Grenzbereich Flucht in die Welt des reinen Geistes Aufforderung zum ziellosen Streunen klandestine Grammatik = ein Gadget   Soundcheck im Resonanzkœrper: menschliche…

Zwist

  Gallen foltern bäumen lösen Knirschen zürnen meiden Haß Zittern stampfen schäumen grämen Suchen beben forschen bang Wenden zagen schauen langen Stehen rühren seufzen gehn Streicheln klagen Kosen schelten Schämen schmäht Und Fliehen wirbt Schmiegen wehret Armen sträubet Quälen küßt…

Blauer Abend in Berlin

  Der Himmel fließt in steinernen Kanälen; Denn zu Kanälen steilrecht ausgehauen Sind alle Straßen, voll vom Himmelblauen. Und Kuppeln gleichen Bojen, Schlote Pfählen   Im Wasser. Schwarze Essendämpfe schwelen Und sind wie Wasserpflanzen anzuschauen. Die Leben, die sich ganz…

:

einmal war Silberstimme dir lieb im Hinterkopf Liebe als Leiden zerschneiden wieder Baum sein bezwing die Winter der Fernsehstimmen Fenstersimmen einer Monstnernacht Monsterangst Kindheit innen *** Weiterführend → Ein Porträt von Sophie Reyer findet sich hier. In ihrem preisgekrönten Essay Referenzuniversum geht sie…

it

  Weiterführend →  Lesen Sie auch das Kollegengespräch, das A.J. Weigoni mit Angelika Janz über den Zyklus fern, fern geführt hat. Vertiefend ein Porträt über ihre interdisziplinäre Tätigkeit, sowie einen Essay der Fragmenttexterin. Ebenfalls im KUNO-Archiv: Jan Kuhlbrodt mit einer Annäherung…

Der Mond im Nußbaum

  Im Nußbaum blieb der Mond im Astwerk hangen, Liegt wie ein weißes Tier im Astkäfig gefangen Und preßt sein silbernes Fell an die Käfigstangen. Der Mond hat Dir über Brücke und Fluß hell folgen müssen, Ging aus der Stadt…

sixtinische kapelle

  eine möwe (weiß wie rauch) landet ▫ live auf der blechhaube des schmalen schornsteinrohrs das die bildschirme füllt eine weile bleibt sie putzt sich schaut über den platz voller regenschirme bunte dächer unter denen gläubige schutz suchen (wovor?) vor…

Die Nacht.

  Niedersinkt des Tages goldner Wagen, Und die Stille Nacht schwebt leis’ herauf, Stillt mit sanfter Hand des Herzens Klagen, Bringt uns Ruh’ im schweren Lebenslauf. Ruhe gießt sie in das Herz des Müden, Der ermattet auf der Pilgerbahn, Bringt…

Bewegungsprofil

  nicht an Træume glauben die bezahlbar sind keine Koexistenz des Disparaten in Gletschern der Abstraktion autosuggestive Desensibilisierung als eine neue Art immunisierender Katharsis… Reinigung vom Virus des Empfindens = frostiger ist nur die Vollkommenheit selbst die Augenbrauen zucken im…

Zu fragmentarisch

  Zu fragmentarisch ist Welt und Leben! Ich will mich zum deutschen Professor begeben, Der weiß das Leben zusammenzusetzen, Und er macht ein verständlich System daraus; Mit seinen Nachtmützen und Schlafrockfetzen Stopft er die Lücken des Weltenbaus.     ***…

Kleines Manifest

  Habe Mut, die Welt in Bildern zu öffnen! Entfalte deine und andere Welten! Schreibe in neuen Welten von der alten Welt! Schreibe in der alten Welt von neuen Welten! Erfinde neue Bilder! Erschaffe neue Motive! Webe neue Netze von…

DICHTERSCHULE

    achtet mir stets auf wörterklänge   denn gerade die ergeben ohne uns   oft sinnstiftende zusammenhänge   wählt die wörter sparsam aus   denn wortsalate sind ein graus   und keine poesie das wirklich nie   der meister…

Erfolg

  Über die Brücken der berühmt berüchtigten Sauerlandlinie fahrend, die das Ruhrgebiet mit wahren Metropolen wie Siegen, Mainz und Frankfurt verbindet, kann man den gleichmäßigen Bebauungsrhythmus der kleinen Einstraßendörfer erkennen. Nicht schön, aber logisch, typisch. Herr Nipp erkannte, diese Regelmäßigkeit…

IRGENDWANN

  und schon ist manein kalter körper eingewickelteben noch schokoladegegessen späße gemacht   den nächsten wetterberichtgrüße und einkaufslistendie autos hupen allesin eine truhe gepackt   eben noch krimi geschautdass es andere trifftund nicht dass man selbst heute stinkt    …

Durch Dich

  Was nur das Leben fasst an Allgewalten – Durch Dich allein ergriff es mein Gemüt, Zugleich in Leidenschaft und Händefalten, Hab ich in Dir vor Gott gekniet. Durch Dich allein auch ist die tiefste Wunde Auf immer meinem Leben…

Ballade

(Aus den sauerländischen Bergen) (Dem von mir immer so verehrten Dr. Blümner)   Er hat sich In ein verteufeltes Weib vergafft, In sing Schwester!   Wie ein lauerndes Katzentier Kauerte sie vor seiner Tür Und leckte am Geld seiner Schwielen.…

Letzte Klage

  Und wiederum hab ich Den Tröster mir gekauft Der mich vergessen machen soll, Was ich an Trauer nicht mehr leisten kann, Es ist mein Leben mir verraucht, Von allzustarken Winden weggefegt, Die ich noch selbst heraufbeschworen.      …

SPITZZUNGEN DES ALLTAGS

über Florian Günthers Gedichtbände NUTTENFRÜHSTÜCK, DICKER MAX & CO. Diese elegante Art Alltägliches auszuschneiden – man kann auch sagen, Introvertiertheit in Worte zu fassen, gefällt mir SEHR GUT. Hier komme ich als Leser langsam ins Schweben. Sehr genau vieles, voll…

Religionsunterricht

  Religionsunterricht: gläubige Seelen brauchen ihn nicht, aber die zweiflerischen lernen da gründlich Unglauben fischen.       *** Quelle: Schöne wilde Welt, S. Fischer Verlag, 1913 Richard Dehmel galt in der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg als einer der…

Kosmologie

  Milliarden Jahre weiter: Die Sonne ausgebrannt und wir verschwunden. Alles hat seine Zeit. Sagen die Physiker und die Heiligen, je nachdem.   Was die Naturkonstanten angeht, Elementarladung, Leptonenmasse, Planckzeit … perfekt: wären ihre Werte nur ein bißchen größer/kleiner gäbe…

Die Ernte schweizerischer Lyrik

  Es gibt drei Arten von Anthologien. Die ersten sind Dokumente der hohen Literatur, machen jedenfalls darauf Anspruch: Auswahlsammlungen, die von einem mehr oder minder berufenen Literaten nach Grundsätzen gemacht sind, die, eingestandenermaßen oder nicht, einen normativen Charakter haben. Solche…

Das Ausgewichene

Weiterführend →  Lesen Sie auch das Kollegengespräch, das A.J. Weigoni mit Angelika Janz über den Zyklus fern, fern geführt hat. Vertiefend ein Porträt über ihre interdisziplinäre Tätigkeit, sowie einen Essay der Fragmenttexterin. Ebenfalls im KUNO-Archiv: Jan Kuhlbrodt mit einer Annäherung an…

ich ich ich

  – ich ich ich Ich denke ich ich ich ich ich ich kann doch ein Text xt schreiben, ohne ne Inhalt ohne Sinn nn. Was nun schreiben? – Leere? – Nichts?Ein Text ohne Inhalt scheint unmöglich. Inhalt ohne Text…

In Venedig

  Stille in nächtigem Zimmer. Silbern flackert der Leuchter Vor dem singenden Odem Des Einsamen; Zaubrisches Rosengewölk. Schwärzlicher Fliegenschwarm Verdunkelt den steinernen Raum, Und es starrt von der Qual Des goldenen Tags das Haupt Des Heimatlosen. Reglos nachtet das Meer.…

Gutes Wetter

  Flüsterstimme und so nah der Wind neugierig zwischen den Ritzen des Fensterrahmens sprich mit mir mit fremdem Atem laute Worte leise Worte ist es nicht immer so? das Andere das Gleiche überall und immer wieder Wetter so ein Glück…

Über Gedichte

Es leben jetzt, die wenigen ausgenommen, die selbst im Lyrischen etwas hervorbringen, keine fünf Menschen in Deutschland, welche über diese zartesten Geburten der Seele ein Urteil hätten. (Hebbel, Brief vom 27. IV. 1838.) Gabriel: Ich habe dir hier aufs Fenster…