Ballade

(Aus den sauerländischen Bergen)

(Dem von mir immer so verehrten Dr. Blümner)

 

Er hat sich

In ein verteufeltes Weib vergafft,

In sing Schwester!

 

Wie ein lauerndes Katzentier

Kauerte sie vor seiner Tür

Und leckte am Geld seiner Schwielen.

 

Im Wirtshaus bei wildem Zechgelag

Saß er und sie und zechten am Tag

Mit rohen Gesellen.

 

Und aus dem roten, lodernden Saft

Stieg er ein Riese aus zwergenhaft

Verkümmerten Gesellen.

 

Und ihm war, als blickte er weltenweit,

Und sie schürte den Wahn seiner Trunkenheit

Und lachte!

 

Und eine Krone von Felsgestein,

Von golddurchädertem Felsgestein

Wuchs ihm aus seinem Kopf.

 

Und die Säufer kreischten über den Spaß.

„Gott verdamm mich, ich bin der Satanas!“

Und der Wein sprühte Feuer der Hölle.

 

Und die Stürme sausten wie Weltuntergang,

Und die Bäume brannten am Bergeshang,

Es sang die Blutschande ……..

 

Sie holten ihn um die Dämmerzeit,

Und die Gassenkinder schrien vor Freud

Und bewarfen ihn mit Unrat.

 

Seitdem spukt es in dieser Nacht,

Und Geister erscheinen in dieser Nacht,

Und die frommen Leute beten.

 

Sie schmückte mit Trauer ihren Leib,

Und der reiche Schankwirt nahm sie zum Weib,

Gelockt vom Sumpf ihrer Tränen.

 

– Und der mit der schweren Rotsucht im Blut

Wankt um die stöhnende Dämmerglut

Gespenstisch durch die Gassen.

 

Wie leidender Frevel

Wie das frevelnde Leid,

Überaltert dem lässigen Leben.

 

Und er sieht die Weiber so eigen an,

Und sie fürchten sich vor dem stillen Mann

Mit dem Totenkopf.

 

 

 

 

***

Else Lasker-Schüler aka Prinz Yussuf (1912)

„Die größte Lyrikerin, die Deutschland je hatte“, sagte Gottfried Benn über Else Lasker-Schüler. Sie bewegte sich wie eine Märchenfigur durch Berlin und fiel mit ihrer exzentrischen Erscheinung auf.
Else Lasker-Schüler wurde geboren am 11. Februar 1869 in Elberfeld. Sie starb am 22.1.1945 in Jerusalem.

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KUNO würdigte die Poetin mit einem Rezensionsessay. Poesie zählt für die Kulturnotizen weiterhin zu den wichtigsten identitäts- und identifikationstiftenden Elementen einer Kultur, dies bezeugte auch der Versuch einer poetologischen Positionsbestimmung.V