Kleines Manifest

 

Habe Mut, die Welt in Bildern zu öffnen!

Entfalte deine und andere Welten!

Schreibe in neuen Welten von der alten Welt!

Schreibe in der alten Welt von neuen Welten!

Erfinde neue Bilder!

Erschaffe neue Motive!

Webe neue Netze von Bildern, Symbolen und Motiven!

Erschreibe dir eine eigene Sprache!

 

Hab keine Angst vor deinem Alleinsein beim Schreiben!

Geh aufs Ganze: Finde neue Formen, neue Worte, neue Sprachen!

Schreib Literatur, die höchsten Ansprüchen genügt!

Schreib aber so, dass du im Wesentlichen verstanden wirst!

Hol die Leser manchmal da ab, wo sie stehen, aber führe sie dann weiter!

 

Achte kein Tabu!

Achte nicht den Geschmack der Masse!

Schreibe nicht sensationslüstern!

Schreibe deinen Text als Sensation!

 

Sei dir bewusst, dass du als Autor ein Katalysator des kollektiven Bewusstseins bist!

Der Schriftsteller ist ein Steppenwolf!

Der Dichter ist ein Megaphon des Seins!

 

Sein Anker ist eine allgemein gültige Ethik.

 

Der Dichter ist ein Seher der Vergangenheit, der Zukunft und des Jetzt!

Der Dichter ist ein Schriftsteller ist ein Autor ist ein Schreiber!

Ein Schreiber der Seele!

Ein Schreiber des Geistes!

Ein Schreiber des Unbewussten!

Der Dichter verknüpft Bewusstes und Unbewusstes!

Der Dichter erschafft das Ungewusste!

Der Dichter denkt das Ungedachte!

Der Dichter beweist, dass alles Undenkbare gedacht werden kann!

 

Der Dichter ist eine Dichterin!

Die Dichterin ist ein Dichter!

Der Autor ist ein Schöpfergott!

Dieser Gott ist weiblich!

Diese Göttin ist männlich!

Der Dichter ist Er Sie und Es!

 

Das Ich des Dichters ist ein Kosmos!

Der Dichter ist sich selbst das große Du, das ihm gegenübersteht!

Der Dialog des Dichters mit sich selbst ist die Geburt einer neuen Welt aus Worten!

Der Text des Dichters ist der Extrakt aller möglichen Gespräche über die Welt!

 

 

 

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Aus der Reihe Keine Bojen auf hoher See, nur Sterne … und Schwerkraft Gedanken über das lyrische Schreiben.

Ulrich Bergmann

Weiterführend Eine Würdigung von Ulrich Bergmann finden Sie hier.

Poesie zählt für KUNO weiterhin zu den identitäts- und identifikationstiftenden Elementen einer Kultur, dies bezeugte auch der Versuch einer poetologischen Positionsbestimmung.