Hundemoden

 

In den achtziger Jahren hatte man noch Promenadenmischungen, weil man erkannt hatte, dass diese wesentlich weniger krankheitsanfällig ausfielen als eine überzüchtete Rasse. Keine Hautausschläge und Beckenprobleme, keine blutenden Ohren und auch die Pfoten hatten dicke Sohlen. Plötzlich waren Deutsche Schäferhunde völlig out. Den gemeinen Spitz haben die Deutschen völlig vergessen. Ob es den wohl nur noch bei Wilhelm Busch gibt? Nur Dackel und Münsterländer haben von den alten Rassen in Massen überlebt, den Jägern sei Dank. Ja, auch langhaarige Boomers (oder heißen sie Briosch?) waren immer recht beliebt, auch sie standen für ein grundsätzlich alternatives Lebensgefühl. Oh, wie süß. Irgendwann allerdings entdeckte man in den neunziger Jahren die Friedfertigkeit des „Goldenrettriewers“ (keine Sorge, der wahre Name ist bekannt). Traumtiere für alle, die sich modern fühlen wollten. Manchmal hatte man den Eindruck, dass im Wald nur noch Menschen herumliefen, die einen beigen Hund mit sich führten, natürlich musste ein farbiges Tuch am Halsband befestigt sein, welch Individualismus. Gegen die offensichtliche psychische Störanfälligkeit dieser Kreaturen halfen dann persönliche Hundepsychologen. Zwischendurch hatte auch der Dalmatiner dank eines Disneyfilms eine kurze Renaissance, derzeit allerdings trifft man vor allem in den Städten immer öfter Frauen mit Zwergrassen an. Aus dem eh schon kleinen Mops wurde ein Zwergmops, meist gleichen Blicks wie eben jene Frauen. Aufgeschlossen, aufgeweckt und intelligent. Man fragt sich dann, wenn diese schicken Damen in Rudeln auftreten, durch die Fußgängerzonen promenieren, wer wen eigentlich ausgesucht hat oder führt.

Eine ganz andere Mode, die sich nun herausschält ist der Familienhund, der treu über die drei Kinder wacht, die eine moderne wohlhabende Frau schon haben muss. Wer hat denn schon noch zwei Kinder, nur die mittelmäßige Mittelschicht.

 

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Das Mittelmaß der Welt, unerhörte Geschichten von Herrn Nipp, dokumentiert auf KUNO 1994 – 2019

Weiterführend → Zu einem begehrten Sammlerstück hat sich die Totholzausgabe von Herrn Nipps Die Angst perfekter Schwiegersöhne entwickelt. Außerdem belegt sein Taschenbuch Unerhörte Möglichkeiten, daß man keinen Falken mehr verzehren muss, um novellistisch tätig zu sein. Herr Nipp dampft die Gattung der Novelle konsequent zu Twitteratur ein. Und außerdem präsentiert Haimo Hieronymus die bibliophile Kostbarkeit Über Heblichkeiten, Floskeln und andere Ausrutscher aus den Notizbüchern des Herrn Nipp. Begleitendes zur Veröffentlichung des Buches Fatale Wirkungen, von Herrn Nipp (Mit Fotos von Stephanie Neuhaus). Über die historische Aufgabe von Herrn Nipp aus Möppelheim.

Zum Thema Künstlerbucher lesen finden Sie hier einen Essay sowie ein Artikel von J.C. Albers. Vertiefend auch das Kollegengespräch mit Haimo Hieronymus.

Diese bibliophile Kostbarkeiten sind erhältlich über die Werkstattgalerie Der Bogen, Tel. 0173 7276421