Das ist, weiß Gott, ein heikles Thema! Alles was auf Dichtung Bezug hat, ist schwierig. Alle, die sich damit befassen, sind von ausgesuchter Reizsamkeit. Das unentwirrbare Verschränktsein dessen, was jeder einzelne fühlt, mit dem, was die Allgemeinheit fordert, gibt Gelegenheit zu unendlichen Mißverständnissen. Nichts ist natürlicher, als nicht zueinander zu finden; das Gegenteil würde in jedem Falle überraschen. Ich glaube, daß es nichts gibt, über das man zu einer Verständigung anders denn aus Versehen kommen könnte, und daß aller Einklang unter Menschen die glückhafte Frucht eines Irrtumes ist.
Paul Valéry
Paul Valéry war auf der Suche nach dem reinen Geist. Zu Lebzeiten galt er als größter französischer Lyriker seiner Zeit. Durch seine „kristalline Dichtung“ suchte er einen von Gefühlen ungestörten „reinen Geist“. Sein eigentliches Hauptwerk sind aber die postum veröffentlichten Cahiers. Fast täglich und über ein halbes Jahrhundert lang begann er jeden Morgen damit, dass er sich in seine Denkhefte Notizen, Beobachtungen und Einfälle notierte. Sie sind ein einzigartiges Denklaboratorium des modernen Menschen und nicht nur ein Paradebeispiel lebensphilosophischer Selbsttherapie, sondern eine Antwort auf die große Frage: »Was kann ein Mensch?«
Weiterführend → Poesie zählt für KUNO weiterhin zu den identitäts- und identifikationstiftenden Elementen einer Kultur, dies bezeugte auch der Versuch einer poetologischen Positionsbestimmung.