Der Pop-Schamane

 

Über Thomas Nöske liest man, er sei Mitbegründer und einer der Protagonisten des Social Beat, dies man angehen, aus KUNO Sicht ist er ein nonkonformsitischer Vordenker. Eine Denker, der durchaus über Humor verfügt, denn er hat Kenntns darüber, wie die Informatiker die platonischen Ideen programmierten.

Nöske stammt aus Bottrop, eine gute Adresse, wie Kenner des Literarischen Informationszentrums wissen. Er wuchs dort nicht auf, sondern in Göttingen und drehte schon als Kind seine ersten Science-Fiction-Filme auf Super 8. Später folgten erste Kriminalgeschichten. Nach Abschluss seiner Schulausbildung studierte er Soziale Arbeit, Soziologie und Psychologie. 1991 gründete er in Göttingen das Literaturmagazin HOKAHE. Im Jahr 1992 ging Nöske nach Berlin. Er beteiligte sich an verschiedenen links-alternativen Lebensformen wie Land-WGs, Hausbesetzungen und kollektiven Projekten. Nöske engagierte sich vor allem in der Literaturszene der 1990er Jahre und wurde insbesondere in seiner Wahlheimat Berlin zum Aktivisten und Theoretiker des literarischen Underground.

1993 organisierte Nöske zusammen mit Jörg André Dahlmeyer und anderen das Berliner Literaturfestival „Töte den Affen“, für das Nöske und Dahlmeyer in Anlehnung an die amerikanische Beat Generation, Charles Bukowski und moderne französische Autoren das Schlagwort des Social Beat prägten. Der Begriff wurde zur Bezeichnung einer sich rasch entwickelnden alternativen Literaturszene der 1990er Jahre. An vielen Orten in ganz Deutschland fanden Lesungen und Festivals statt, an denen sowohl bekannte Autoren als auch Hobbyliteraten teilnahmen und Nöske sich vielfältig beteiligte. Nöske war auch Mitorganisator des zweiten Berliner Social-Beat-Festivals, das 1994 unter dem Motto „Der Affe schlägt zurück“ stattfand. Er publizierte regelmäßig in verschiedenen Zeitschriften und Fanzines und war zudem Mitherausgeber der Jugendkulturzeitschrift Orange Agenten und des Kulturmagazins Molli – Magazin für Zeitkritik & engagierte Literatur. Die Social-Beat-Bewegung ging dann in der sich parallel entwickelnden Slam-Poetry-Szene auf.

Nöske veröffentlichte zahlreiche Publikationen über Themen der Kunst, Popkultur, Alternativliteratur, kritischen Theorie, Niklas Luhmanns Systemtheorie und Science-Fiction. Insbesondere befasste er sich mit der Reflexion von Kultur und Kulturpolitik im Zusammenhang mit negativ-utopischen Intentionen. Dabei fand Nöske einige Beachtung mit seinem Sachbuch Clockwell Orwell, in dem er sich mit der „kulturellen Wirklichkeit negativ-utopischer Science-Fiction“ (so auch der Untertitel des Buches) kritisch auseinandersetzte. Das Buch wurde 1997 im Münsteraner Unrast Verlag veröffentlicht. Bereits 1996 entstand Nöskes Videoproduktion Irrlichter der Großstadt, die von seiner Arbeit an Clockwork Orwell stark beeinflusst war.

Seit Anfang der 2000er Jahre publizierte Nöske vor allem kulturkritische Aufsätze und beteiligte sich an mehreren Anthologien.

 

 

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Einen Hinweis zu Clockwork Orwell. Über die kulturelle Wirklichkeit negativ-utopischer Science-fiction von Thomas Nöske, finden Sie hier.

Weiterführend →

Zu den Gründungsmythen der alten BRD gehört die Nonkonformistische Literatur, lesen Sie dazu auch ein Porträt von V.O. Stomps, dem Klassiker des Andersseins. Kaum jemand hat die Lückenhaftigkeit des Underground so konzequent erzählt wie Ní Gudix und ihre Kritik an der literarischen Alternative ist berechtigt. Ein Porträt von Ní Gudix findet sich hier (und als Leseprobe ihren Hausaffentango). Lesen Sie auch die Erinnerungen an den Bottroper Literaturrocker von Werner Streletz und den Nachruf von Bruno Runzheimer. Zum 100. Geburtstag von Charles Bukowski, eine Doppelbesprechung von Hartmuth Malornys Ruhrgebietsroman Die schwarze Ledertasche. 1989 erscheint Helge Schneiders allererste Schallplatte Seine größten Erfolge, produziert von Helge Schneider und Tom Täger im Tonstudio/Ruhr. Lesen Sie auch das Porträt der einzigartigen Proletendiva aus dem Ruhrgebeat auf KUNO. In einem Kollegengespräch mit Barbara Ester dekonstruiert A.J. Weigoni die Ruhrgebietsromantik. Mit Kersten Flenter und Michael Schönauer gehörte Tom de Toys zum Dreigestirn des deutschen Poetry Slam. Einen Nachruf von Theo Breuer auf den Urvater des Social-Beat finden Sie hier – Sowie selbstverständlich his Masters voice. Und Dr. Stahls kaltgenaue Analyse. – Constanze Schmidt beschreibt den Weg von Proust zu Pulp. Ebenso eindrücklich empfohlen sei Heiner Links Vorwort zum Band Trash-Piloten. Inzwischen hat sich Trash andere Kunstformen erobert, dazu die Aufmerksamkeit einer geneigten Kulturkritik. In der Reihe Gossenhefte zeigt sich, was passiert, wenn sich literarischer Bodensatz und die Reflexionsmöglichkeiten von populärkulturellen Tugenden nahe genug kommen, der Essay Perlen des Trash stellt diese Reihe ausführlich vor. Die KUNO-Redaktion bat A.J. Weigoni um einen Text mit Bezug auf die Mainzer Minpressenmesse (MMPM) und er kramte eine Realsatire aus dem Jahr 1993 heraus, die er für den Mainzer Verleger Jens Neumann geschrieben hat. Jürgen Kipp über die Aufgaben des Mainzer Minipressen-Archives. Ein würdiger Abschluß gelingt Boris Kerenski mit Stimmen aus dem popliterarischen Untergrund.