Monat: Mai 2006

Ach

  Ich denke oft, wir leben alle gar nicht wirklich, wir sind nicht richtig in der Welt, weil wir heute anders sind als gestern, denke ich, und morgen schon wieder anders als heute. Gestern ist eben gestern, und heute heute.…

Wolfszeit

  Terres … ist hart und grenzgängerisch, aber das ist die Eiszeit (oder, ins Heute gedreht: die Wolfszeit) auch. Im Angesicht des Neoliberalismus wird man als Schamane nur eine extreme Position beziehen können, alles andere geht wahrscheinlich unter im Brei.…

Provinzen der Sprache als Gegenden der Sprache

    Provinzen der Sprache, des Sprachlandes, sind nicht etwa die Millionen Wirklichkeiten, in denen Sprache beginnt, sich entfaltet, handelt, – Provinzen der Sprache als Gegenden der Sprache, als Bezirke und Bereiche der Sprache: das ist die Sprache selbst. Provinz,…

Uschtrin

  Keine Zeit bedarf so sehr des Dichters wie jene, die ihn entbehren zu können glaubt. Jean Paul Glaubt unsere Zeit, die Dichter entbehren zu können? Lesenswerte lyrische Stimmen unterschiedlichster Art gibt es jedenfalls reichlich. Und Leser? Jemand, der im Netzwerk der…

Fundamental

  Rücksichtslose Entscheidungshysteriker. Obzwar sie Rost husten, zeigen sich die hypermodernen Menschen unbeeindruckt von zeitgemässen Erwägungen. Der Mythos wird schäbig. Der romantische Traum ist kontaminiert. Es verbleibt ein Tableau der Zügellosigkeit.         *** Mikrogramme von A.J. Weigoni,…

Das Sterbliche dröhnt in seinen Grundvesten

  Das Sterbliche dröhnt in seinen Grundvesten, aber das Unsterbliche fängt heller zu leuchten an und erkennt sich selbst.       *** Weiterführend →  Die Blüthenstaub-Fragmente von Novalis dienten KUNO in 2009 als Leitmotiv von dem ausgehend wir die…

Der Aphorismus ist so etwas wie ein Edelstein

  Der Aphorismus ist so etwas wie ein Edelstein, der durch Seltenheit an Wert gewinnt und nur in winzigen Dosen ein Genuß ist. Hermann Hesse       Weiterführend → ein Essay über die neue Literaturgattung Twitteratur.

Die Menschen in Ibsens Dramen

Vor 100 Jahren starb Henrik Ibsen. KUNO erinnert an den Dramatiker mit einem Essay von Hugo von Hofmannsthal Man ist wohl nie in Versuchung gekommen, einen Vortrag zu überschreiben: von den Menschen in den Dramen Shakespeares, oder Otto Ludwigs, oder…

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  den Frost bringt der Wind zur Welt den Trost hält das Kind in den Händen das Blatt kann den Ast nicht zertanzen die sonne hat sich ins Meer verliebt während Formen einander spielgen das Krächzen des Kranichs das sich…

Unwetter

  Er hatte eine Zeit lang auf einer ehemaligen Alm pausiert, die Augen geschlossen, wie er es eben gerne macht. Seine Gedanken waren in Tagträumereien übergegangen. Worte und Geräusche aus der Nachbarschaft gingen eine innig symbiotische Verbindung mit den eigenen…

Ruhm

  Ich bin berühmt, aber es hat sich noch nicht herumgesprochen.         Weiterführend → ein Essay über die neue Literaturgattung Twitteratur.

Demokratie

  Demokratie: die Enthaltung der Mehrheit.       *** Verdiente Ungerechtigkeiten, 101 Aphorismen von Tobias Grüterich. Edition Azur 2005 „Grüterichs große Fähigkeit liegt darin, viel Wahrheit in noch weniger Worten zu sagen, als es sonst der Aphorismus vermag“, lautete…

Geschlechterdesign

  Medizin auf dem Display des Selbstdesigns der Leib als lebender Werkstoff : ein interpretierbar gewordenes Sein Kœrper als Objekt der Begierde sind = veraltet wahre Identitæt: irrelevant Einheit als Leitwert der Interaktion lœst sich > auf Liebe ein perfektes…

Rendezvous

  Immer am vierten Samstag des Monats verabredet sich Xavier mit ein paar Texten. Er macht sich ordentlich zurecht, rasiert sich und poliert auch sein Schuhwerk. Die Texte, mit denen sich Xavier trifft, können variieren. Von inhaltlich wertvollen und ernsthaften…

Digitalverfolger mit Verlustspur

    Modelle des Vertrauens, Ihr rechnet uns aus. Ihr rechnet uns raus. In aller vertrauten Geläufigkeit.         Weiterführend → Dank des Kurznachrichtendienstes Twitter mutiert Mikroblogging zu einer Form der Literatur. Poeten wie Angelika Janz haben dies bereits…

O Trim!

  Der Andere, ohne Witz, ohne Antithese, ohne alles Zuspitzen, ohne geistreiche Wendungen, geradeaus, alles Schildern und Bildern rechts und links zur Seite lassend, wie Natur ihn führte, geradeaus ins Herz! O Trim! wollte Gott, Du hättest einen bessern Biographen!…

Eine Erinnerung an Günther Nenning

  Begegnungsort: Erster österreichischer Schriftstellerkongreß 1981 in Wien. Dann kaum Berührungspunkte. Nenning bei all seiner unverwechselbaren Individualität und Originalität doch auch immer wieder ein Anhänger irgendeiner Ideologie oder Geistesströmung, der in seinen Weltanschauungen sehr flexibel war, um es so zu…

Garten der Geschwister I

  Vor zwei Stunden hatten sie die Stadt verlassen. Richard lenkte den grauen Toyota durch die Nacht. Er fuhr ruhig und ohne Hast. Sie waren in diesem Augenblick in Sicherheit, in Sicherheit vor der Vergangenheit und vor der Zukunft. Seine…

Jeder Mensch ist ein Träger von Fähigkeiten

  Jeder Mensch ist ein Träger von Fähigkeiten, ein sich selbst bestimmendes Wesen, der Souverän schlechthin in unserer Zeit. Er ist ein Künstler, ob er nun bei der Müllabfuhr ist, Krankenpfleger, Arzt, Ingenieur oder Landwirt. Da, wo er seine Fähigkeiten…

Zeitreise

  Zu einer Zeit, als noch die mechanische Schreibmaschine bedient werden musste, dachte niemand daran, dass wir heute digitale Bilder, Texte und Töne wie selbstverständlich vernetzen und daraus neue Kunst erschaffen. Früher spezialisierte man sich – ob malen, töpfern, klampfen,…

Lebensweisheit

  Eine Wahrheit kann erst wirken, wenn der Empfänger für sie reif ist. Nicht an den Wahrheiten liegt es daher, wenn die Menschen noch so voller Unweisheit sind.     *** Galgenlieder, von Christian Morgenstern. Erschienen im Verlag Bruno Cassirer.…

Wir hatten uns im Abstandnehmen verschätzt

  Von Anfang an haben wir uns in der Wahl der Maßeinheit verschätzt. Wir haben uns in der Verwendbarkeit der Geräte getäuscht. Wir haben uns in der Handhabung der Geräte getäuscht. Wir hatten mit einem solchen Fehler nicht gerechnet. Wir…

Stirn

  Glücklicherweise schaut man den Menschen nur vor die Stirn, bei manchen möchte niemand wissen, was sie verbirgt.     Bereits nachdem Jack Dorsey den ersten Tweet am 21. März 2006 verschickt hatte, war Herrn Nipp klar, das hier etwas…

Die Kunst Bücher zu schreiben

  Die Kunst Bücher zu schreiben ist noch nicht erfunden. Sie ist aber auf dem Punkt erfunden zu werden. Fragmente dieser Art sind litterarische Sämereyen. Es mag freylich manches taube Körnchen darunter seyn: indessen, wenn nur einiges aufgeht!    …

Es ist nicht

  Weiterführend → Lesen Sie auch das Kollegengespräch, das A.J. Weigoni mit Angelika Janz über den Zyklus fern, fern geführt hat. Vertiefend ein Porträt über ihre interdisziplinäre Tätigkeit, sowie einen Essay der Fragmenttexterin. Ebenfalls im KUNO-Archiv: Jan Kuhlbrodt mit einer…

Vielleicht eine Fabel

  „Im Zeughaus in Berlin wird seit dem Fall der Mauer eine über drei Meter hohe Lenin-Statue gezeigt, die stand zuletzt in Eisleben. Die Geschichte dieser Statue ist so denkwürdig wie skurril.“ Rudnikow dachte, wahrscheinlich müssen alle denkwürdigen Geschichten skurril…