Zwei teilen’s schlangestehn
die dritte geht zur stadt
Die geht nach broten sehn
Die macht die brüder satt
die fleisch gewinnt
oft für das kind
nur ‘n rest von pulvermilch noch hat
Was mit den funktionären?
sie halten sich beiseit
verzehren und erklären
und fressen uns die zeit
Schmarotzer im land
und unsere hand
hält denen die ärsche schußbereit
Wir ham sie nicht vergessen
die zeit vor dem erlaß
beschlagnahmt mund und essen
und frage: reicht euch das
Sie sehn nicht den zorn
übers fenstersimskorn
Da seht die parks: kartoffeln was?
Aus leeren seifenhänden
ernähren wir das land
Wir sollen staub verwenden
und halten selbst kaum stand
Wir stehlen ja nur
was brot und kultur
sonst kommt hier keiner mehr zurand
Wer kann sich die schon leisten
das geld zu dünn geprägt
Die frau ist’s die am meisten
den krempel weiter trägt
Mangels wärme und lichts
haben wir aus dem nichts
die strahlen staubs zu ‘m brett gesägt
Die männer inn betrieben
und was der pfaffe schwätzt
Die blaumilch noch mal sieben
das loch noch mal gewetzt
Estradengekreisch*
doch wo bleibt das fleisch?
wir ham den fleischwolf schon versetzt
***
Ein Ausblick auf: Rohlieder I – X von HEL
HEL ist bekannt als Herausgeber neuer Talente im „literarischen Underground“ und Publizist gesellschaftskritischer Lyrik sowie Essays. Nach dem Zyklus Zeitgefährten, die zwischen 1977 – 2008 entstanden sind, veröffentlicht KUNO die Reihe Rohlieder I – X, die dank Caroline Hartge neu ediert worden sind. In diesen Gedichten spürt HEL das Existenzielle im vermeintlich Banalen auf. Er hat es hat es nicht nötig, Fiktion zu erfinden … die Fiktion existiert bereits.
Weiterführend →
Eine Würdigung von HEL findet sich hier. Eine Hörprobe des Autors findet sich auf MetaPhon. Zur Lyrik von HEL findet sich hier ein Rezensionsessay von Holger Benkel. Ein faszinierend langer Briefwechsel zwischen Ulrich Bergmann und HEL findet sich hier.
Anmerkung:
estrade = „podium, gemischtprogramm“