Vor zehn Jahren wollte Haimo Hieronymus eigentlich nur mal Zigaretten holen… und kam mit der Idee des Art-O-Maten in die Werkstattgalerie Der Bogen zurück. Inzwischen hat sich der Unikatautomat überregional verbreitet, es ist in der meisten Fällen ein Selbstbedienungsautomat, der kleine Kunstwerke oder Kunstbotschaften als Unikate spendet. Kunstautomaten sind beispielsweise ausgediente und auf den Euro umgestellte Zigaretten-, Kondom- oder Kaugummiautomaten. Die Kunstobjekte haben maximal die Größe der gezogenen Schachteln, aber auch die Schachtel selbst kann beispielsweise ein Miniaturkunstwerk in Form eines Faltbildes sein.
Je nach Größe des Kunstpäckchens und des Inhalts erwirbt der Käufer für etwa 2 bis 15 € ein Unikat oder ein Exemplar einer limitierten Kleinstserie eines Künstlers. Die Exponate entstammen verschiedenen Genres in Form von kleinen Graphiken, Bildern, Plastiken oder Skulpturen sowie Texten in Lyrik oder Prosa. Auf einem „Beipackzettel“ kann der Künstler Auskunft über sich und sein künstlerisches Schaffen geben sowie Kontaktinformationen mitteilen. Manchmal führt der Künstler einen im Kaufpreis enthaltenen Obolus für ein ihm wichtiges soziales Anliegen ab.
Kunst aus Automaten macht die Künstler und ihre Kunst einer breiteren Öffentlichkeit bekannt, was zusätzlich auch über die optische Gestaltung der Automaten durch den Künstler geschehen kann. Die Käufer der Päckchen können ohne Berührungsängste vor Galerien und Museen und mit dem Kaufanreiz einer Wundertüte die Kunstunikate rund um die Uhr, z. B. auch als spontanes Mitbringsel, erwerben.
Kunstautomaten werden in öffentlichen Räumen sowie in Cafés, Bars, Hotels usw. von speziellen Automatenaufstellern angebracht beziehungsweise aufgestellt.
Die Idee des Unikatautomat hatte Klaus Bertel bereits 1894, er hat einen Kunstautomaten vorgestellt, wo man durch Zahlen Kunst erhalten kann. Ihm folgte der Reclam-Automat, dieser stand ab 1912 u.a. auf Bahnhöfen und auf Ozean-Dampfern. Wieder aufgegriffen haben diese Tradition die beiden Künstler Karl von Monschau und Willy Gallinowski 1979/80 in der Neuen Galerie – Sammlung Ludwig in Aachen verwirklicht und nachfolgend 1982 auf der documenta 7 vor dem Fridericianum (Kassel) einer breiteren Öffentlichkeit vorgestellt. Dieser Kunstautomat war ein Einschächter mit 50 Schachteln, welche Originale auf Holz enthielten und für 1 DM zu ziehen waren.
Der Betreiber Lars Kaiser stellt seit 2001 dauerhaft stehenden Kunstautomaten in ganz Deutschland auf, er begreift sich als Kommunikator und vernetzt über 450 Künstler mit über 300 Kunstautomaten in Europa. Ein weiteres Genre der Kunstautomaten sind elektromechanische Unikate, die gegen Münzeinwurf im Gegensatz zu einer alltäglichen Dienstleistung wie Fahrkartenverkauf, Parkerlaubnis per Parkuhr usw. eine oftmals überraschende „Kunstleistung“ erbringen. Klassische Kunstautomaten findet man in London am Ausgang des Wachsfigurenmuseums oder in St. Croix in der Schweiz.
Weiterführend →
Zum Thema Künstlerbücher finden Sie hier einen Essay sowie ein Artikel von J.C. Albers. Vertiefend auch das Kollegengespräch mit Haimo Hieronymus über Material, Medium und Faszination des Werkstoffs Papier.
Künstlerbücher verstehen diese Artisten als Physiognomik, der Büchersammler wird somit zum Physiognomiker der Dingwelt. Die bibliophilen Kostbarkeiten sind erhältlich über die Werkstattgalerie Der Bogen, Tel. 0173 7276421