Nach dem, was von Sappho überliefert ist, kann der Leser davon ausgehen, dass Poesie nicht nur aus Sinn und Verstand besteht, sondern hauptsächlich aus Musik. Die Klangfarben der Worte kann man mit Musik verglichen. Worte sind mehr als definierbare Zeichen, Metaphern und Symbole, sie haben auch einen Klang. Ein Zeile in einem Gedicht klingt manchmal wie ein Akkord. Alle Sinne werden angesprochen. Gerade der Leser von Lyrik bewegt sich im gelungenen Fall auf Freiers Versesfüssen, geniesst Wortverdrehungen, die frei von Selbstdeutungen sind und in Gegen–Sätze münden. Nur mit solchen Gedichten lassen sich die Wendepunkte und Widersprüche des Lebens gelassen aushalten.
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Mikrogramme von A.J. Weigoni, KUNO 2006 – 2011
Diese Bruchstücke aus der Realität sind verwandt mit den Miszellen (von lateinisch miscella ´Gemischtes`), dies ist eine Bezeichnung für eine Rubrik, unter der Kürzesttexte variierenden literarischen Inhalts veröffentlicht werden. Die Bagatellen sind der Versuch, Miniaturen gleichrangig nebeneinander aufzureihen, ein dichtes Gewebe, das seine poetische Qualitäten erst durch die Lektüre gewinnt.
Twitteratur ist eine Poesie, die man von den japanischen Haiku kennt. Als Beitrag von A.J. Weigoni finden wir auf KUNO im Lauf der Zeit Mikrogramme, die ein feines, manchmal auch weitmaschiges Netz von Relais durchzieht: Schnittstellen, an denen zwischen Gegenständen, Wahrnehmungsperspektiven, zwischen Räumen und Zeiten hin und her gewuselt wird, und gleichzeitig zwischen verschiedenen Distanzen zum Beschriebenen.
Weiterführend → ein Essay über die neue Literaturgattung Twitteratur, sowie ein Recap des Hungertuchpreises.