Optisch hervorragend gestalteter Thriller, der die ‚Frankenstein‘- und ‚Mabuse‘-Thematik jedoch ganz in den Dienst einer genüßlich ausgeschöpften Darstellung von Gewalt und Brutalität stellt.
Lexikon des internationalen Films
RoboCop funktioniert thematisch auf mehreren Ebenen: Während der Film an der Oberfläche als eine geradlinige Action-/Science-Fiction-Geschichte abläuft, lässt er sich bei genauerer Betrachtung auch als satirische Auseinandersetzung mit den sozioökonomischen Verhältnissen und der Medienlandschaft seiner Entstehungszeit – den Vereinigten Staaten der 1980er Jahre – und als Dystopie – als Entwurf einer Zukunft, die es zu verhindern gilt – verstehen.
Die Themen der Gegenwartsreflexion und Zukunftskritik werden vor allem in einer Reihe von Einschüben abgehandelt: Dabei wird die Filmhandlung durch weitgehend von ihr abgekoppelte Kurznachrichten und Werbespots unterbrochen, in denen die Welt vorgestellt wird, in der RoboCop angesiedelt ist. In den Kommentaren der Jubiläumsedition von 2007 hob Verhoeven hervor, dass er in diesen Sequenzen seine Eindrücke des US-amerikanischen Fernsehens zu verarbeiten versucht habe, dessen Stil und Ästhetik für ihn als kürzlich in die USA emigrierten Europäer damals völlig ungewohnt und verwirrend gewesen sei.
Paul Verhoevens Blick in die Zukunft ist verdammt ungemütlich. Nonstop-Action, innovative Spezialeffekte und nackte Gewalt: ein Albtraum, der zum Genreklassiker avancierte, etliche miese Fortsetzungen, Games und Serien nach sich zog – und leider brutal gekürzt wurde. Fazit: Grandiose Action, tolle Effekte, kluge Story.
Cinema
Mit kritischen Untertönen werden wirtschaftliche und soziale Entwicklungen der Vereinigten Staaten der 1980er Jahre in die Zukunft verlegt und dort in satirischer Weise auf die Spitze getrieben: So wird die Tendenz der immer weiter fortschreitenden Privatisierung von vormals durch den Staat wahrgenommenen Aufgaben, die die Regierung von Ronald Reagan zur Entstehungszeit von RoboCop programmatisch forcierte, in Verhoevens Zukunfts-Szenario noch weiter gesteigert, indem die Stadt Detroit dort praktisch vollständig von dem Multikonzern OCP beherrscht wird: OCP produziert alles, von Frühstücksflocken bis hin zu Kriegsgerät; der Konzern kontrolliert die Medien, diktiert dem Detroiter Bürgermeister die Politik und „kauft“ der insolventen Stadt sogar die Polizei ab, womit er faktisch als private Organisation zum Hoheitsträger avanciert ist. Mit dieser Betrachtung der ins Extreme gesteigerten Macht von Wirtschaftskonzernen werden auch Themen wie Globalisierung, Fusionierung und Monopolisierung angeschnitten, die erst in den späten 1990ern ins Blickfeld einer breiteren Öffentlichkeit gerieten.
RoboCop‘ ist in erster Linie eine glänzend unterhaltende Mischung aus Action, tiefschwarzem Humor und ätzender Satire. Aber er ist auch eine Zukunftsvision, die erschreckende Parallelen zur Wirklichkeit entwickelt hat. Und er hat in dem Cyborg RoboCop alias Alex Murphy […] einen tragischen Helden, der wesentlich mehr Tiefgang besitzt als die meisten anderen Action-Helden der 80er Jahre zusammen.“
Häufig ist auch auf die Parallelen des Handlungsbogens von RoboCop zur Geschichte um Tod und Auferstehung Jesu im Neuen Testament hingewiesen worden. Die Erschießung des Polizisten Murphy wird dementsprechend als kreuzigungsähnliches Martyrium in Szene gesetzt, dem alsbald die „Auferstehung“ als übermenschliches (Maschinen)-Wesen folgt. Daneben ist der Film von zahlreichen kleinen Anspielungen auf die Jesusgeschichte durchsetzt: Die Auffindung von Murphys Leiche durch seine Partnerin, die ihn tot in den Armen hält, ist ein visueller Verweis auf die Mater Dolorosa der christlichen Kunst. Nach seiner Wiederauferstehung als Mensch-Maschine wandelt Murphy alias RoboCop durch den kriminellen Moloch Detroit wie in einem verlorenen Paradies, eine filmische Verarbeitung des biblischen Themas. Beim finalen Kampf mit Boddicker versucht dieser, RoboCop mit einem Metallrohr aufzuspießen, ähnlich der Heiligen Lanze, die der römische Legionär Longinus dem toten Jesus in den Leib stieß. Und in derselben Szene wirkt es, wenn RoboCop eine flache Pfütze durchschreitet, als könne er über Wasser gehen.
Dystopie ist eigentlich ein medizinischer Fachbegriff
Bemerkenswert ist schließlich, dass RoboCop den Zukunftsoptimismus der meisten SciFi-Produktionen der 1980er Jahre vermissen lässt und durch seine sarkastische Darstellung der Zukunft eher kritische Töne anschlägt. So wird das damals von der US-Regierung betriebene und von breiten Teilen der amerikanischen Öffentlichkeit im Glauben an den Fortschritt und die Sicherheit der Technik unterstützte, futuristische Raketenabwehr-Projekt Strategic Defense Initiative (SDI) in einem Nachrichtenclip „zerpflückt“, in dem die satellitengestützten Laser-Systeme der SDI von sich aus losgehen und mehrere ehemalige US-Präsidenten töten. Dystopie ist eigentlich ein medizinischer Fachbegriff, mit dem eine wechselseitige negative Beeinflussung von Krankheiten bezeichnet wird, es könnte jedoch auch eine Diagnose für die westliche Wohlstandgesellschaft sein. Alles weitere wird sich erweisen.
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RoboCop, von Paul Verhoeven. 1987. (Jubiläumsedition)
KUNO hat ein Faible für Trash. Dem Begriff Trash haftet der Hauch der Verruchtheit und des Nonkonformismus an. In Musik, Kunst oder Film gilt Trash als Bewegung, die im Klandestinen stattfindet und an der nur ein exklusiver Kreis nonkonformistischer Aussenseiter partizipiert. Dieser angeschmutzte Realismus entzieht sich der Rezeption in einer öffentlichen Institution. 1989 erscheint Helge Schneiders allererste Schallplatte Seine größten Erfolge. Produziert von Helge Schneider und Tom Täger im Tonstudio/Ruhr. Constanze Schmidt beschreibt den Weg von Proust zu Pulp. Ebenso eindrücklich empfohlen sei Heiner Links Vorwort zum Band Trash-Piloten. Ebenso verwiesen sei auf Trash-Lyrik .