Erzählen ist eine Form der Verständigung, die weit über Gattungsgrenzen hinausgeht. Durch die Erkundung anderer Ichs kann der Weg zu sich selbst beschritten werden. Gedankensplitter und Erinnerungsfetzen werden kurz angerissen und ausgeleuchtet, Parallelgeschichten erzählt, durch das Spielen findet der Homo ludens zu sich selbst. Ein Bibliomane ist auf der Suche nach dem aus der Sprache Ausgeschlossenen, dem Verrückten, Entgrenzten, er interessiert sich für die Spielformen der Umgangssprache. Die Mundart ist immer im Fluss. Sie verändert sich. Nimmt neue Ausdrücke auf. Spült Modeworte nach oben und begräbt alte unter der nächsten Welle. Die hypermodernen Menschen bewegen sich zwischen Woke und Wahnsinn. Ihre Identitätssynthese ist unscharf, polemisch kontaminiert und eigentlich ruiniert.
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Mikrogramme von A.J. Weigoni, KUNO 2006 – 2011
Diese Bruchstücke aus der Realität sind verwandt mit den Miszellen (von lateinisch miscella ´Gemischtes`), dies ist eine Bezeichnung für eine Rubrik, unter der Kürzesttexte variierenden literarischen Inhalts veröffentlicht werden. Die Bagatellen sind der Versuch, Miniaturen gleichrangig nebeneinander aufzureihen, ein dichtes Gewebe, das seine poetische Qualitäten erst durch die Lektüre gewinnt.
Twitteratur ist eine Poesie, die man von den japanischen Haiku kennt. Als Beitrag von A.J. Weigoni finden wir auf KUNO im Lauf der Zeit Mikrogramme, die ein feines, manchmal auch weitmaschiges Netz von Relais durchzieht: Schnittstellen, an denen zwischen Gegenständen, Wahrnehmungsperspektiven, zwischen Räumen und Zeiten hin und her gewuselt wird, und gleichzeitig zwischen verschiedenen Distanzen zum Beschriebenen.
Weiterführend → ein Essay über die neue Literaturgattung Twitteratur, sowie ein Recap des Hungertuchpreises.