Als junger, im November 2000 gegründeter Verlag arrivierte Dichter wie Alfred Kolleritsch oder Peter Waterhouse zum Auftakt präsentieren zu können, das zeugt von weitreichenden Verbindungen eines Verlegers. Beide Autoren gehören mit ihren lyrischen und poetologischen bzw. editorischen Erzeugnissen zu den Förderern und Erneuerern der deutschsprachigen Lyriklandschaft. Alfred Kolleritsch, Herausgeber einer der besten Literaturzeitschriften im deutschen Sprachraum (manuskripte), legt mit Die Summe der Tage (2001) einen in lautlosen Tönen schwingenden Gedichtband vor, der auch die Schatten der Nächte nicht verschweigt. In Ohne Punkt & Komma habe ich mich mit Peter Waterhouse („Jedes Gedicht, das ich sagte oder schrieb oder schreiben wollte, kam aus einem: Ich kann nicht sprechen; ich habe keine Wörter“) und seiner in Hugo von Hofmannsthal („Die Worte zerfallen mir wie modrige Pilze im Mund“) und anderen Österreichern wurzelnden Sprachskepsis auseinandergesetzt. Nun überrascht er in Prosperos Land (2001) mit aus höchstens einem, zwei oder drei Versen bestehenden Gedichten, über die ich kein Wort verlieren kann, denn die wenigen Wörter dieser viel(leicht) all(es) umfassenden Einheiten sprechen vollkommen für sich: „Ich? / Dann gehe ich in den Wald / und da bin ich“. [Verblüffend finde ich die Affinität der Gedichte von Peter Waterhouse und Heike Smets im Hinblick auf Bildqualität, Duktus, Kürze, Rhythmus, Struktur und Ton sowie das übergreifenden Thema „Unterwegs“, das auch den von mir im April 2001 herausgegebenen Lyrikband von Heike Smets Farben (edition bauwagen, Itzehoe 2001) dominiert.] Klaus Reicherts Wär ich ein Seeheld (2001) erhielt ich als Geschenk von Antje Paehler, der Autorin aus Edingen am Neckar. Dieses Gedichtbuch aus dem Salzburger Verlag Jung und Jung ist wahrhaftig ein feines Geschenk. Natürlich, nuanciert, präzise, sinnlich, tiefschürfend. Hier lese ich durchweg sehr schöne Gedichte:
MORGEN
FRÜH
Im Garten die Halme
bündeln das Licht.
Aus Feuer und Wasser das EINE Wort:
Himmel.
* * *
Weiterführend → Ein Essay über den Lyrikvermittler Theo Breuer.
→ Poesie zählt für KUNO zu den identitäts- und identifikationstiftenden Elementen einer Kultur, dies bezeugt der Versuch einer poetologischen Positionsbestimmung. Um den Widerstand gegen die gepolsterte Gegenwartslyrik ein wenig anzufachen schickte Wolfgang Schlott dieses post-dadaistische Manifest. Warum Lyrik wieder in die Zeitungen gehört begründete Walther Stonet, diese Forderung hat nichts an Aktualität verloren. Lesen Sie auch Maximilian Zanders Essay über Lyrik und ein Rückblick auf den Lyrik-Katalog Bundesrepublik. KUNO schätzt den minutiösen Selbstinszenierungsprozess des lyrischen Dichter-Ichs von Ulrich Bergmann in der Reihe Keine Bojen auf hoher See, nur Sterne … und Schwerkraft. Gedanken über das lyrische Schreiben. Lesen Sie ein Porträt über die interdisziplinäre Tätigkeit von Angelika Janz, sowie einen Essay der Fragmenttexterin. Ein Porträt von Sophie Reyer findet sich hier, ein Essay fasst das transmediale Projekt „Wortspielhalle“ zusammen. Auf KUNO lesen Sie u.a. Rezensionsessays von Holger Benkel über André Schinkel, Ralph Pordzik, Friederike Mayröcker, Werner Weimar-Mazur, Peter Engstler, Birgitt Lieberwirth, Linda Vilhjálmsdóttir, und A.J. Weigoni. Lesenswert auch die Gratulation von Axel Kutsch durch Markus Peters zum 75. Geburtstag. Nicht zu vergessen eine Empfehlung der kristallklaren Lyrik von Ines Hagemeyer. Diese Betrachtungen versammeln sich in der Tradition von V.O. Stomps, dem Klassiker des Andersseins, dem Bottroper Literaturrocker „Biby“ Wintjes und Hadayatullah Hübsch, dem Urvater des Social-Beat, im KUNO-Online-Archiv. Wir empfehlen für Neulinge als Einstieg in das weite Feld der nonkonformistischen Literatur diesem Hinweis zu folgen.