Grenzen der Kunst

 

Die merkwürdigste Erscheinung ist die selbstgewollte Unfreiheit der Künstler. Alles spezifisch Künstlerische in der Malerei ist heute streng verboten; nur ganz verstohlen und verdeckt dürfen die Maler die künstlerische Note in ihre Bilder einschmuggeln; das Publikum, selbst der Kenner übersieht es dann gnädig; besonders raffinierte Meister in diesem Schmuggel waren die Impressionisten, nicht zum wenigsten Cézanne. Und die ganze Kunstwelt ging auf die Komödie ein. »Beobachten [Sie] die Naturwahrheit dieser Pfirsiche oder des Wintertags«; »wie wunderbar ist dieser Akt, diese Bewegung, diese Hüfte!« Es gilt nämlich als besondere Meisterschaft, was eine ganz und gar nebensächliche Sache ist, unkünstlerische Köpfe zu interessieren, ohne ganz unkünstlerisch zu werden, – ein selbstgewähltes Martyrium.

Am freiesten arbeiten glaub ich die zwar äußerst seltenen Dichter; wenigstens haben die Schriftsteller es beim Publikum durchgesetzt, daß bei ihnen der Mond in das Zimmer spazieren darf; man darf sogar eine Sonne im Herzen tragen, Sterne herunterholen und so weiter. Aber lassen Sie einmal einen Maler den Mond in einer Stube aufhängen oder auf den Tisch legen und so weiter. Manches ist auf Verordnungswegen erlaubt worden, z.B. einem Pferde Flügel ansetzen; aber man muß das Patent »Pegasus« darunter schreiben.

 

 

Weiterführend →

Erinnerung wird zunehmend auf neue Technologien ausgelagert. Das Grundproblem der Erinnerungskultur (siehe auch: In eigener Sache), der Zeugenschaft, der Autorschaft, ist die Frage: Wer erzählt, wer verarbeitet, wem eine Geschichte gehört? – „Kultur schafft und ist Kommunikation, Kultur lebt von der Kommunikation der Interessierten.“, schreibt Haimo Hieronymus in einem der Gründungstexte von KUNO. Die ausführliche Chronik des Projekts Das Labor lesen sie hier. Diese Ausgrabungsstätte für die Zukunft ist seit 2009 ein Label, die Edition Das Labor. Diese Edition arbeitet ohne Kapital, zuweilen mit Kapitälchen, meist mit einer großen künstlerischen Spekulationskraft. Eine Übersicht über die in diesem Labor seither realisierten Künstlerbücher, Bücher und Hörbücher finden Sie hier.

Zum Thema Künstlerbücher finden Sie hier einen Essay sowie einen Artikel von J.C. Albers. Vertiefend auch das Kollegengespräch mit Haimo Hieronymus über Material, Medium und Faszination des Werkstoffs Papier.