Tohub

 

Drei Männlein singen in der Höhe

Den gräßlichen Gesang:

Hast de Wanzen, Lause, Flöhe,

Wird die Zeit dir gar nicht lang.

 

Immer hast de was zu knacken,

Es krabbelt hier und da.

Darfst packen und darfst zwacken –

O je! Halleluja!

 

Was soll die Langeweile,

Wo edel du verkommst.

Minute wird zur Meile,

Du siehst nur Zeit und brommst.

 

Auf dem Schädel hörst du die Haare.

Hinter den Ohren wächst dir Gras,

Dein Kiefer wird zur Knarre,

Schwer ächzend durch die Jahre

Auf und ab ohn‘ Unterlaß.

 

Drei Männlein singen in der Höhe

Den gräßlichen Gesang:

Hast de Wanzen, Lause, Flöhe,

Wird dir die Zeit nicht lang.

 

Sie stiegen auf im Morgenrot

Und sangen Tag und Nacht,

Und störten Mittag- und Abendbrot

Und Luft und Erde kracht.

 

 

 

***

Jakob van Hoddis (Geburtsname Hans Davidsohn; * 16. Mai 1887 in Berlin; † 1942 in Sobibór, „Generalgouvernement“) war ein deutscher Dichter des literarischen Expressionismus. Er ist besonders bekannt für das Gedicht Weltende, ein Werk aus der Anfangszeit des Expressionismus. KUNO möchte den Lyriker nicht auf dieses OneHitWonder reduziert wissen. 70 weitere Gedichte erschienen in den Avantgardezeitschriften Die Aktion und Der Sturm. Sein lyrisches Werk ist vor allem gekennzeichnet durch starke Chiffrenhaftigkeit und dadaistische Elemente. Viele seiner Gedichte zeigen einen skurril-grotesken Inhalt, vermischt mit naiven und schwarz-humoristischen Formulierungen.

Weiterführend →
Poesie zählt für KUNO weiterhin zu den identitäts- und identifikationstiftenden Elementen einer Kultur, dies bezeugte auch der Versuch einer poetologischen Positionsbestimmung.