III

 

Snipp. Scheibenwischer verdrängen in einem mechanischen Rhythmus Tropfen vom Glas. Entgegenkommende blenden zögernd ab. Ein rotes Licht hängt im kurzfristig bleigrau verwischten Übergang zur blauen Stunde. Es kommt näher, so scheint es. In einer Kehre bewegen sich Reflektoren in einem Lebensrhythmus auf und ab. Der Fahrradfahrer beugt sich über die Gabel. Niemand kommt näher. Der unzureichend beleuchtete Fahrdamm bietet ausreichend Platz für den Überholvorgang. Im Schnittpunkt wechseln sich Geschwindigkeiten ab.

Die Mechanik des Blicks. Der Rückspiegel kann Natalys Erschöpfung nicht verbergen. Sie ist mit dem rasselnden Feueratem einer Lokomotive unterwegs. Pustet die Lungenmaschine durch. Wechselt das Blatt. Vergrössert die Trittfolge. Presst Salzwasser durch die Poren. Denkt im Rhythmus der federnden Fersen. Nicht geplante Schritte, unvorhersehbare Sprünge. Verzögerte Reflexion, über die Hast im Raum: Wirkliche Menschen bewegen sich nicht im schnellen Vorlauf.

Hin– und Zurückwendungen. Choreografie der Blicke, Rituale der Betrachtung. Das Ende der Wahrnehmungen ist der Beginn des Erinnerns. Hinter der Stirn von Max keimt die Merkfähigkeit. Zu schwach, um den Fuss vom Gas zu nehmen…

 

 

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Vignetten, Novelle von A.J. Weigoni, Edi­tion Das Labor, Mülheim an der Ruhr 2009.

Covermotiv, Schreibstab von Peter Meilchen

Weiterführend

Constanze Schmidt zur Novelle und zum Label. Ein Nachwort von Enrik Lauer. KUNO übernimmt einen Artikel der Lyrikwelt und aus dem Poetenladen. Betty Davis konstatiert Ein fein gesponnenes Psychogramm. Über die Reanimierung der Gattung Novelle und die Weiterentwicklung zum Buch / Katalog-Projekt 630 finden Sie hier einen Essay. Einen weiteren Essay zur Ausstellung 50 Jahre Krumscheid / Meilchen lesen Sie hier. Mit einer Laudatio wurde der Hungertuch-Preisträger Tom Täger und seine Arbeit im Tonstudio an der Ruhr gewürdigt. Eine Würdigung des Lebenswerks von Peter Meilchen findet sich hier.