Diogenes und Alexander

 

                                       Granada 5.4.2009

 

Ich steh in der Abendsonne meines Lebens, sagt Arthur, aber ich spüre kaum ihre Strahlen unter meiner Haut.

Mir wird’s immer warm, sage ich, wenn die Sonne scheint.

Ja du, sagt Arthur, du frierst nie, ich werde alt, und ich fühle immer härter, wie ich herausfalle aus dem Leben.

Du meinst die Frauen, sage ich, die kleinen Sonnen, die dich anzünden tief innen.

Du sagst es, sagt Arthur, tief innen! Da brennt nichts mehr …

Arthur, sage ich, geh nicht zu früh in den Schatten – du machst ja den Tag zur Nacht!

Was soll ich machen, sagt Arthur, in meinem Tag scheint keine Sonne.

Glaubst du, bei mir geht die Sonne nie unter?, sage ich.

Genug, sagt Arthur, dein Licht blendet mich!

Mein Licht blendet mich auch, sage ich, alles nur Täuschung.

Wir tappen also beide im Dunkeln?, sagt Arthur.

Ja, sage ich, da sind wir nicht allein.

Welch ein Trost, sagt Arthur, bei so viel Täuschung!

 

 

***

Ein Hinweis aus: Arthurgeschichten von Ulrich Bergmann.

Als intensiver Beobachter verfügt Ulrich Bergmann über die Begabung, noch die alltäglichsten Details in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit zu rücken, um etwas über das Leben und die menschlichen Beziehungen zu erzählen. Er nennt seine Kurzprosa ironisch „gedankenmusikalische Polaroidbilder zur Illustration einer heimlichen Poetik des Dialogs“. Wir präsentieren in diesem Jahr auf KUNO alle Arthurgeschichten und warnen Sie: Ähnlichkeiten mit Lebenden oder Toten oder lebenden Toten sind zufällig, rein zufällig, absichtlich zufällig, zufällig absichtlich, rein absichtlich und nichts als die reine Absicht.

Weiterführend → Lesen Sie zu den Arthurgeschichten den Essay von Holger Benkel. – Eine Einführung in Schlangegeschichten von Ulrich Bergmann finden Sie hier.