Unsere Analyse hat eigentlich auch Pech gehabt. Kaum dass sie von den Kriegsneurosen aus die Welt zu interessieren beginnt, nimmt der Krieg ein Ende.
Sigmund Freud
Wer von der Moderne spreche, so der deutsche Literaturwissenschaftler Peter-André Alt, komme an der Psychoanalyse nicht vorbei. „Die Diagnose, die sie dem Trieb und dem Unbewußten stellt, erfaßt unsere großen Erzählungen von der Kultur des Menschen. Niemand kann diese Erzählungen mehr anheben lassen, ohne den Deutungsmustern Freuds seinen Tribut zu zollen.“ Aus den intimsten Erfahrungen ihres Begründers sieht Alt die Netze dieser neuen Theorie gewebt. „Das rückt sie in die Nähe der Kunst, deren Werke immer auch die subjektive psychische Signatur ihrer Schöpfer tragen.“ Auch wo sie sich auf die Philosophie des 19. Jahrhunderts, auf die neuere Naturforschung, auf die europäische Literatur oder auf die Ethnologie und die Mythendeutung der klassischen Altertumswissenschaften stützte, sei Freuds Theorie „ein hochgradig originelles System, das unabhängige Urteile über Trieb und Geist, Gesellschaft und Staat, Religion und Kultur ermöglichte.“ Was Freud geschaffen habe, dauere fort „als herausforderndes Vermächtnis der dunkelsten und zugleich hellsten Wissenschaft vom Menschen, die jemals entworfen wurde.“
Weiterführend → ein Essay über die neue Literaturgattung Twitteratur.