Monat: Mai 2010

Limerick auf Thomas Nöske

    Ein Revoluzzer einst litt unter Muff, macht Social und Beat mit viel Suff. Doch dann denkt er: „fick’s! Das ändert doch nix!“ – Und seither ist er Philosuph.         Weiterführend → Zu den Gründungsmythen der…

Experiment und Lebenshaltung

   Der Umgang mit Wortmaterial ist Recycling.         Weiterfühend → Aus Recherchegründen hat der vordenker die zum 30. Jahrestag des VS erschienenen Kollegengespräche zuerst ins Netz gestellt. Die Kulturnotizen (KUNO) haben diese Reihe in loser Folge ab 2011…

Überall ist Musik:

im Fahrstuhl, im Restaurant, in der Parkgarage. Man stelle sich vor, auch die anderen Sinne würden, wo man auch hingeht, unentwegt angeregt: Hände, die einen überall streicheln, Essenshäppchen, die einem hingereicht werden, Gerüchewolken, die ausgeblasen werden, wenn man vorbei geht…

Wir schreiben

  Wir schreiben, um uns selbst zu entblössen, doch je mehr wir über uns sagen, desto besser verstecken wir uns, hinter Bekenntnissen und Wörtern. Thomas Espedal       Weiterführend → ein Essay über die neue Literaturgattung Twitteratur.

aus meinem mittelgebirgischen dorf

  ich bin in meine natur geborenmittendrin im treffpunkt der windees herrschte heiterkeit im garten:trotz meiner blumen den bösen ich bin mein spätes winterglückpflück magritten zerbeiße mein lied in meinen träumen der nachtist mein – – – mein echo von…

Der Staatsbürger

  Dieser Beruf ist kein Beruf, sondern eine Berufung. Zum Sozialpädagogen ist man geboren. Das Licht der Welt erblickte Detlef, als sich Europa die letzte Asche des Krieges aus den Kleidern geschüttelt hat, der Sex noch schmutzig und die Luft…

LANDUNG

ich wolkentemperament der abgeschiedene jagt das ungezähmte verborgen in hemden häuten hirnen so spät beim tee entblättern die blüten fällt in die welt ein violinschlag schräg sag ich die größten träume kommen dissonant herab das macht bei dieser höh der…

Die Kiste V

  Alle Möglichkeiten würden ihm in Zukunft offen stehen, zumindest solange die Kiste noch Blätter enthielt. Aber nach jetzigem Stand war die Leere nicht unbedingt zu befürchten, das würde sich in kurzer Zeit nicht ändern. Immer wieder sollte ein Zettel…

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zuckendes Herzchen es knistern so Häuser geh in meine Schatten ein Meer vor deiner Zeit *** Weiterführend → Ein Porträt von Sophie Reyer findet sich hier. In ihrem preisgekrönten Essay Referenzuniversum geht sie der Frage nach, wie das Schreiben durch das schreibende Analysieren…

Warum belüge ich meine Leser?

  Ein guter Lehrer gibt sich dümmer, als er ist, damit seine Schüler denken können, sie seien gescheiter als er. Das Geheimnis meiner Lehre aber besteht darin, so lange dümmer zu scheinen als ich wirklich bin, bis meine Schüler glauben…

Wer jetzt die Kunst

  Weiterführend → Lesen Sie auch das Kollegengespräch, das A.J. Weigoni mit Angelika Janz über den Zyklus fern, fern geführt hat. Vertiefend ein Porträt über ihre interdisziplinäre Tätigkeit, sowie einen Essay der Fragmenttexterin.

ICH DENKE AN DIE STADT meiner Kindheit.

  Ich bin in meinem Denken daran verloren und geborgen zugleich. Ich sehe, wie sie sich aus den feucht-grünen Wäldern und Äckern erhebt und sich an das doppelte Fließ, das sie prägt, verfügt, die Mulde, die Schwarzbach. Ein erloschener Kiesbagger…

CHINAWAREN

  In diesen Tagen darf sich niemand auf das versteifen, was er „kann“. In der Improvisation liegt die Stärke. Alle entscheidenden Schläge werden mit der linken Hand geführt werden. Ein Tor befindet sich am Anfang eines langen Weges, der bergab…

Nicht bleiben

  Wenn Kleider fallen, wenn Leiber beginnen sich zu verkeilen, wenn klitzekleine Keimlinge sich zu bewegen beginnen das Leben zu speien, wenn’s windet und flattert und zischt, wenn’s stöhnt und wenn’s quetscht, wenn’s klatscht und wenn’s flutscht, dann laufe, dann…

Aus dem Wort springt mir der junge Gedanke entgegen

  Ich beherrsche die Sprache nicht; aber die Sprache beherrscht mich vollkommen. Sie ist mir nicht die Dienerin meiner Gedanken. Ich lebe in einer Verbindung mit ihr, aus der ich Gedanken empfange, und sie kann mit mir machen, was sie…

Von Mir und vom Ich

  Motto: Seltsam, wie hier der Verstand An mir hämmert, an mir hirnert, Selbstsadistisch arrogant, Selbst den Stirner unterstirnert. Cogito ergo sum: Das Denken ist kein Beweis für das Ich, sondern das Ich ein Postulat des Denkens. Ein Bild und…

STÜCKGUT: SPEDITION UND VERPACKUNG

  Ich fuhr früh morgens mit dem Auto durch Marseille zur Bahn, und wie mir unterwegs bekannte Stellen, dann neue, unbekannte oder andere, die ich nur ungenau erinnern konnte, aufstießen, wurde die Stadt ein Buch in meinen Händen, in das…

Verbrennt mich! Ein Protest von Oskar Maria Graf

Nach meinem ganzen Leben und nach meinem ganzen Schreiben habe ich das Recht, zu verlangen, daß meine Bücher der reinen Flamme des Scheiterhaufens überantwortet werden und nicht in die blutigen Hände und die verdorbenen Hirne der braunen Mordbanden gelangen! Verbrennt…

Nicht eingerahmt

  nicht dramatisiert nicht erzählt nicht. Keine Chöre keine Helden keine Sterbenden keine Verlässlichkeit keine Flüge nach Aras keine Tage in Clichy keine Schreie keine Träume keine Lacher keine Konflikte keine Wende keine Wandlung keine Besserung keine. Kein wildes Aufbäumen…

Keilrahmen und Leinwand

  Der Fehler fängt schon an, wenn einer sich anschickt Keilrahmen und Leinwand zu kaufen.     *** Wie können Joseph Beuys in einer Collage unzähliger, bisher unerschlossener Bild- und Tondokumente wiederbegegnen, Andres Veiel stellte ein Zeitdokument zusammen. Wie sehen…

Das Gute verführt zum Leben

  Alle guten Dinge sind starke Reizmittel zum Leben, selbst jedes gute Buch, das gegen das Leben geschrieben ist.   ***   Friedrich Nietzsche ist der Godfather des Cynismus. Oft leisten seine Texte viel mehr: Aufschreckende Brüche und Diskontinuitäten im Sprachlichen, unruhige…

Blue Hour

    Blue Hour … das Feuer, trotzig entfacht / mein Selbstbehauptungswille / macht diesmal die Zerstörung des Anderen unumgänglich       ***   Mit seiner micropoetry gelingt es Denis Ullrich eine übernutzte Sprache zu entkernen. Seine vielgestaltigen Texte auf…

Persönliche Panoramen

  Aus inniger Verbundenheit entstehen allumarmende Träume. Die Sehnsuche nach einer lebbaren Utopie verursacht eine fortschreitende Verwirrung.       *** Mikrogramme von A.J. Weigoni, KUNO 2006 – 2011 Diese Bruchstücke aus der Realität sind verwandt mit den Miszellen (von…

Tag der Kapitulation

  Da haben nun die drei größten Mächte der Erde fast sechs Jahre gebraucht, um die Nazis zu besiegen, und nun werfen sie der deutschen Bevölkerung, die antinazistisch war, vor, sie habe die Nazis geduldet! Deutschland ist das am längsten…

Kopf und Herz

  Solange Kopf und Herz vom Alten besetzt sind, findet das Neue keinen Platz.       *** Weiterführend → ein Essay über die neue Literaturgattung Twitteratur.

Ethisches

  In dem Maße, wie der Wille und die Fähigkeit zur Selbstkritik steigen, hebt sich auch das Niveau der Kritik am andern.     *** Galgenlieder, von Christian Morgenstern. Erschienen im Verlag Bruno Cassirer. Berlin 1905 „In jedem Menschen ist…

things change

  n (nahe dem verbergen) ich habe im traum geredet. es war peinlich, sagt laura. du hast von meinem mann erzählt. der arzt musste tief schneiden. so fest sitzt eben die vergangenheit. lauras mann ist musiker. du sollst mein violoncello…

Rollenspiele

  Da soll eine Schülergruppe eine Figur erfinden, eine Spielfigur, mit der sie in der virtuellen Realität gemeinschaftlich auftreten kann. Alles klar soweit und die jungen Leute beginnen herum zu spinnen, erfinden die wirrsten Dinge, Staubkorn, Nachkomme von Elfen und…

Die Illusion des Anfangs

Ein selbst ernannter Museologe trauert um das unvollendete Werk eines Erzählers, der eintausend Anfänge benötigte, um den einen zu finden, den er gesucht hat; ein von den wirkungslosen Zeichen enttäuschter Dichter schifft sich in den hohen Norden ein, um dort…

Die Ironie der Dinge

  Es war lange vor dem Krieg, daß ich in den »Fragmenten« des Novalis diese Bemerkung fand: Nach einem unglücklichen Krieg müssen Komödien geschrieben werden. Diese Aufzeichnung in ihrer sonderbar lakonischen Form war mir ziemlich wunderlich. Heute verstehe ich sie…

Erfahrung und Armut

  In unseren Lesebüchern stand die Fabel vom alten Mann, der auf dem Sterbebette den Söhnen weismacht, in seinem Weinberg sei ein Schatz verborgen. Sie sollten nur nachgraben. Sie gruben, aber keine Spur von Schatz. Als jedoch der Herbst kommt,…