Eine Erinnerung an Adam Zielinski

 

Wo soll ich anfangen mit meinem Erzählen? „Die sieben Leben des Adam Zielinski“ hieß eine einstündige Radiosendung im ORF auf Ö1, die ich im Auto hörte, als ich durch meine Mühlviertler Heimatlandschaft fuhr. Ein solcher Titel verweist schon auf vieles und auf wesentliches. Also: Magister war er, Doktorat hat er gemacht, Kaufmann war er, als solcher sehr erfolgreich, Weltreisender (über 136 China- Reisen!), Familienvater, Großvater, seit 1953 in Wien, seit 1954 Österreicher, der Staatsbürgerschaft nach, denn sonst war er Kosmopolit im besten Sinn des Wortes, ein Mensch, der Grenzen anerkannte und zugleich Grenzen überschritt, ein fescher Mann war er, auch jenseits der achtzig, ein Gesamtwerk hat er (Wieser Verlag), viele bedeutende Auszeichnungen und Orden, „hoch-dekoriert“ nannte man das früher, ein liebenswerter Mensch war er, einer der nie bösartig sein konnte, einen als Krebsspezialist berühmten Sohn hatte er, Frühwaise war er, da die Eltern von den Nazis ermordet wurden, jüdisch bzw. jüdischer Herkunft war er, worüber er auch schrieb, also darf und muß man das hier anführen, einer, der gegen das Vergessen anschrieb, einer der mahnte, einer der humorvoll war, einer der, einer der … usw. usw. Und ich durfte sein Freund sein. Und er war, so glaube ich, auch mein Freund. In Warschau beim PEN-Kongreß 1999 habe ich ein Fotoporträt von ihm gemacht, dabei ein paar Worte mit ihm gewechselt, ihn später in Wien wiedergetroffen, mit ihm im Café Landmann das Manuskript, d.h. die Übersetzungen für meinen deutsch-polnischen Gedichtband „Znaki zycia“ (Lebenszeichen) durchgegangen, seither miteinander verbunden, geistig-seelisch, ein Freund, der ein Vorbild ist, den man fast verehrt. Das war der Adam Zielinski, jedenfalls für mich. – Die unerwartete Nachricht von seinem Tod hat mich tief betroffen gemacht. Die Begräbnisfeierlichkeiten, die eingebettet waren in den Respekt und die Liebe, die ihm seine Familie entgegenbrachte, haben mich tief berührt.

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Schriftstellerbegegnungen 1960-2010 von Peter Paul Wiplinger, Kitab-Verlag, Klagenfurt, 2010

Wiplinger Peter Paul 2013, Photo: Margit Hahn

Weiterführend → KUNO schätzt dieses Geflecht aus Perspektiven und Eindrücken. Weitere Auskünfte gibt der Autor im Epilog zu den Schriftstellerbegegnungen.
Die Kulturnotizen (KUNO) setzen die Reihe Kollegengespräche in loser Folge ab 2011 fort. So z.B. mit dem vertiefenden Kollegengespräch von A.J. Weigoni mit Haimo Hieronymus über Material, Medium und Faszination des Werkstoffs Papier. Druck und Papier, manche Traditionen gehen eben nicht verloren.

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