ch (dank den tischen)
ich habe die bauchtänzerin noch vor augen, als ich am nächsten kapitel schreibe. hier kommt ein sekretär vor, einer, wie sie auf dachböden von bürgerlichen häusern unter staubschichten begraben vergessen gehen. ich öffne das geheimfach, sofort denke ich daran, weil ich in meiner jugend im internat selbst so ein möbel hatte. in dem fach ist ein winziger bildschirm. ich schalte ihn ein. er flickert mit blendendem licht, dem ich mich nicht entziehen kann. ich tanze gegen meinen willen auf dem tisch. ich habe julie delpy, cameron diaz und uma thurman zu partnern. ich singe. „somewhere beyond the sea…“ und „I’ll never be sailing again“. wenn du singst, gehen wir, sagten meine kinder immer. bevor ich mich leise davonmache, lege ich meinen fertigen roman ins fach, verschließe alles wieder und verwische die spuren.
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Anmerkung der Redaktion: things change ist eine Reihe von 13 Short-Shorts, kurze Kurzgeschichten. Diese konzentrierten Prosastücke sind schlichterdings nicht ganz einfach, beunruhigend oder schmerzend. Fast alle sind hintersinnig und mindestens doppelbödig. Einige bringen im Kopf des Lesers eine – kleinere oder größere – Welt zum Erblühen. Oder auch zum Verwelken.
Weiterführend → Poesie zählt für KUNO weiterhin zu den identitäts- und identifikationstiftenden Elementen einer Kultur, dies bezeugte auch der Versuch einer poetologischen Positionsbestimmung.