HALTEPLATZ FÜR NICHT MEHR ALS 3 DROSCHKEN

 

Ich stand an einer Stelle zehn Minuten und wartete auf einen Omnibus. „L’Intran … Paris-Soir … La Liberté“ rief hinter mir ununterbrochen mit unverändertem Tonfall eine Zeitungsfrau. „L’Intran … Paris-Soir … La Liberté“ –– eine Zuchthauszelle von dreieckigem Grundriß. Ich sah vor mir, wie leer es in den Winkeln aussah.

Ich sah im Traum „ein verrufenes Haus“. „Ein Hotel, in dem ein Tier verwöhnt ist. Es trinken fast alle nur verwöhntes Tierwasser.“ Ich träumte in diesen Worten und fuhr sofort wieder auf. Vor übergroßer Ermüdung hatte ich im erhellten Zimmer mich in Kleidern aufs Bett geworfen und war sogleich, für einige Sekunden, eingeschlafen.

Es gibt in Mietskasernen eine Musik von so todestrauriger Ausgelassenheit, daß man nicht glauben will, sie sei für den, der spielt: es ist Musik für die möblierten Zimmer, wo einer Sonntags in Gedanken sitzt, die bald mit diesen Noten sich garnieren wie eine Schüssel überreifes Obst mit welken Blättern.

 

 

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Die Einbahnstraße ist eine entscheidende Gelenkstelle in Benjamins Gesamtwerk, in der Überlegungen des Frühwerks transformiert werden, um sie dann in späteren Arbeiten weiterzuführen. Dies veranschaulicht insbesondere die 43 Texte umfassende »Nachtragsliste zur Einbahnstraße«, die Benjamin Anfang bis Mitte der dreißiger Jahre zusammenstellte. Sie wird, neben dem Erstdruck und allen handschriftlichen Vorstufen sowie zeitgenössischen Rezensionen, in der neuen Edition erstmals als Einheit zu lesen sein. Der Kommentar und das Nachwort des Herausgebers machen zudem die Verbindung der einzelnen Texte mit dem Gesamtwerk Benjamins sichtbar und zeigen, inwiefern die Einbahnstraße die Tradition der europäischen Aphoristik aufgenommen und zugleich erneuert hat.

Zum 70. Todestag von Walter Benjamin erinnert KUNO im letzten Jahr an diesen undogmatischen Denker und läßt die Originalität und Einzigartigkeit seiner Gedanken aufscheinen. Bei KUNO präsentieren wir Essays über den Zwischenraum von Denken und Dichten, wobei das Denken von der Sprache kaum zu lösen ist. Lesen Sie auch KUNOs Hommage an die Gattung des Essays.

Weiterführend → ein Essay über die neue Literaturgattung Twitteratur.