Stadtbefestigung Linz am Rhein

 

Von der Mündung der Ahr über den Rhein aus besehen wird ersichtlich, wie harmonisch sich die Stadt Linz in einem Seitentaleinschnitt zwischen Rhein und Westerwald geradezu hineinschmiegt. Und diese geschützte Lage ist wahrscheinlich auch der Grund dafür, dass sich hier bereits in früher Vorzeit Menschen ansiedelten, lange bevor die erste Erwähnung der Stadt dies urkundlich bezeugte. Darauf deutet auch die Ringwallanlage aus Steinen und Holz auf dem Hummelsberg bei Linz hin, die mutmaßlich aus der Zeit um 600 n. Chr. stammt.

Blick von der Brücke des Leinpfades des Naturschutzgebietes Mündungsgebiet der Ahr auf Linz am Rhein Photo: Geysirius

Die Basaltkuppen im östlichen Teil des Westerwaldes sind vor etwa 25 Millionen Jahren durch vulkanische Tätigkeiten entstanden. Sie überragen die Hochfläche des Rheinischen Schiefergebirges. Bei dem in der Region vorkommenden Basalt handelt es sich überwiegend um fünf- bis siebeneckigen, teils mehrere Meter langen Säulenbasalt. Mit dem systematischen und manuellen Basaltabbau auf dem Hummelsberg wurde wahrscheinlich im Jahr 1855 begonnen. Der Transport zum Rhein erfolgte anfangs mit Ochsenkarren und Pferdefuhrwerken, später über eine Seilbahn. In den 1870er-Jahren war außerdem ein erster Bremsbedarf vom Hummelsberg I zur Sterner Hütte in Linz gebaut worden. Der Abbau am Hummelsberg I wurde 1963 eingestellt, anschließend die beiden anderen Brüche ab 1966 von der Basalt AG weiterbetrieben und 1984 endgültig eingestellt. Der zurückgelassene Steinbruch ist inzwischen wieder ein Stück Natur geworden, aus der tief ausgebauten Grube ist ein mit Oberflächenwasser gefüllter See entstanden.

Mit dem Bau der aus Basalt und Schieferbruchstein bestehenden Stadtbefestigung von Linz am Rhein wurde zur Zeit der Erhebung von Linz zur Stadt durch den Kölner Erzbischof im Jahr 1320 begonnen. Bereits in 1329 war die Befestigung der Stadt vollendet. Nach der Fertigstellung umgab eine 3,5 bis 6 Meter hohe, 1 Meter dicke und 1,5 Kilometer lange Stadtmauer die Stadt. Durchbrochen wurde sie von ursprünglich vier Stadttoren, von denen heute noch das Rhein- und Neutor erhalten sind. Das an der Nordmauer gelegene Grabentor wurde 1863 abgebrochen und das im Süden liegende Leetor 1879.

Von der restlichen Befestigung existiert noch der Pulverturn, ein an der Südwestecke der Befestigung liegender Rundturm. Das Pulvermagazin diente zur sicheren Aufbewahrung des Schießpulvers, wo es gegen Feuchtigkeit geschützt und vor einer Explosion bewahrt werden muss. Ergänzt würde diese Festung durch das Neutor, einem Stadttorturm der Stadtbefestigung. Es ist das mit 25 Metern höchste Gebäude der Stadt und das östlichste der Linzer Stadttore aus Basalt und Schieferbruchstein.

Kein anderer Gebäudetyp symbolisiert eine gesamte Epoche so stellvertretend wie die Burgen des europäischen Mittelalters. Auch das Rheintor regt als stummer Zeuge einer längst vergangenen Zeit unsere Fantasie an.

Die Stadttore in Linz am Rhein waren einst stabil gebaute Bollwerke der Macht. Durch Türme und besonders verstärkte Durchlässe durch die Stadtmauer, hatten sie dir Aufgabe den Stadtkern vor dem Eindringen von Feinden zu schützen. Der Bau von schützenden Stadtmauern und Stadttoren begann im Mittelalter, Erweiterungen und Verbesserungen begannen nach 1300 und dauerten – je nach militärischen Erfordernissen – bis zur frühen Neuzeit an, als am Beginn des 17. Jahrhunderts der beginnende Dreißigjährige Krieg neue Anforderungen an die Stadttore und Stadtmauern stellte. Auch die befestigte Gemeinde in Linz am Rhein ist  über Jahrhunderte ein Statussymbol, jedoch auch das Zentren kriegerischer Auseinandersetzungen. Ständig müssen sie sich Stadttore neuer Angriffstaktiken und Waffen erwehren. Die Verbreitung der Schießpulverwaffen setzt ihrer großen Geschichte ein Ende. Festungen treten zu Beginn der Neuzeit ihr Erbe an. Ihre außergewöhnliche Architektur dient nur einem Ziel: Angreifer überall unter Beschuss nehmen zu können.

Zukunft braucht Herkunft.

(Rheinisches Sprichwort)

Rheintor, Photo: Klaus Krumscheid

Das Rheintor ist ein Überbleibsel der ursprünglichen Stadtbefestigung, die zwischen 1320 und 1329 errichtet wurde. Seit der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts   war Linz mit einer Meter hohen Stadtmauer aus Basalt und Bruchstein mit vier großen Stadttoren befestigt, von denen zwei erhalten sind. Von den ehemals vier Linzer Stadttoren sind das Neutor und das Rheintor erhalten. Das ehemals an der Nordseite der Stadt gelegene Grabentor wurde 1863, das an der Südseite gelegene Leetor 1879 abgebrochen. Das Neutor war das östlichste der Stadttore und wurde wahrscheinlich nach dem großen Stadtbrand von 1391 errichtet. Die auf das Tor zuführende Neustraße weist zahlreiche Fachwerkbauten auch jüngeren Datums auf, die zum Teil nicht dem rheinischen Fachwerk folgen, sondern eigene Stilrichtungen verkörpern. Markanter Punkt im Panorama der Stadt ist bis heute das wuchtige Rheintor mit angeschlossenem Zollhaus. Es handelt sich allerdings nicht mehr um den ursprünglichen Torbau, denn der Turm wurde im 15. oder 16. Jahrhundert neu errichtet und seitdem in seinem Aussehen mehrfach verändert. Vom rechts daneben liegenden Zollhaus gelangten die Zöllner durch eine kleine Pforte in der Stadtmauer direkt zur Anlegestelle am Rheinufer. Während der häufigen Überschwemmungen, von denen Hochwassermarken aus mehreren Jahrhunderten am Rheintor zeugen, sicherte ein bedachter Wehrgang auf der Stadtmauer die Verbindung vom Zollhaus zur Burg. Rheinzoll wurde in Linz von 1365 bis 1803 erhoben und war äußerst einträglich für die Stadt, denn jedes Schiff musste an der Zollstelle halt machen und seine Waren taxieren lassen.

Das Rheintor steht als Kulturdenkmal unter Denkmalschutz.

Im Rheintor befindet sich auch das Atelier des Linzer Künstlers Klaus Krumscheid. In 2011 wird es für die Dauer einen Jahres zu einer Galerie umgewidmet. Zu dieser Zeit wohnt im Rheintor Gabi Hofer, die Witwe des stadtbekannten Künstlers Bernhard Hofer, die diese Zeit wohlwollend begleitet. Monatlich finden sich „in ihrem Haus“ Künstlerinnen und Künstler in Linz ein, um ihre Arbeiten dem interessierten Publikum zu präsentieren. Die nächste Veranstaltung mit dem Titel Keine Einsicht ohne R(h)einsicht findet am 19. Februar statt. Charlotte Kons und Joachim Paul freuen sich über Ihren Besuch.

 

 

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Rheintor, Linz – Anno Domini 2011, Edition Das Labor 2011. – Limitierte und handsignierte Auflage von 100 Exemplaren. – Dem Exemplar 1 – 50 liegt ein Holzschnitt von Haimo Hieronymus bei.

Das Rheintor, historische Ansicht

Weiterführend Bei KUNO präsentieren wir Essays über den Zwischenraum von Denken und Dichten, wobei das Denken von der Sprache kaum zu lösen ist. Einen Essay zur Rheintorreihe finden Sie hier.

Lesen Sie auch KUNOs Hommage an die Gattung des Essays.