If the doors of perception were cleansed every thing would appear to man as it is, infinite.
William Blake
Das letzte Doors-Album vor dem Tod Jim Morrisons wurde im April 1971 veröffentlicht und gilt als das bluesigste der Doors. Die Aufnahmen für das Album fanden von November 1970 bis Januar 1971 statt; produziert wurde es von der Band selbst und dem Toningenieur Bruce Botnick.
Das Album als Ganzes demonstrierte Morrisons Fähigkeiten als Songwriter, kombiniert mit seiner poetischen Phrasierung
Die Doors und Botnick organisierten dafür ein provisorisches Aufnahmestudio in ihrem privaten Proberaum, dem Doors‘ Workshop, einem zweistöckigen Gebäude am 8512 Santa Monica Boulevard. Sie konnten dann in einer bequemeren und entspannteren Umgebung aufnehmen und vermieden gleichzeitig die Kosten eines professionellen Studios. Oben im Workshop wurde ein Mischpult installiert, das zuvor Elektra gehört hatte, während unten Studiomonitore, Mikrofone und Keyboards aufgestellt wurden. Um das Fehlen einer isolierten Gesangskabine auszugleichen, nahm Morrison in der Badezimmertür auf und sang in dasselbe Mikrofon, das bei der letzten Tour der Doors verwendet wurde. Laut Botnick war die Zusammenarbeit mit Morrison einfach und er verbrachte viele Stunden im Studio, ohne viel Alkohol zu konsumieren.
Die Band ist nicht mit einer Vision an das Album herangegangen, aber nachdem wir angefangen hatten, an den Songs zu arbeiten, wurde uns klar, dass sie von L.A. handeln. Sie handeln von Männern, Frauen, Jungen, Mädchen, Liebe, Verlust, verlorenen und in Los Angeles gefundenen Liebhabern.
Ray Manzarek
Charakteristische Stücke des Albums sind der Titelsong L.A. Woman, das beschwingte Love Her Madly und Riders on the Storm. Die Inspiration für das Lied war das Stück Ghost Riders in the Sky von Stan Jones aus dem Jahr 1948. Riders on the Storm enthält Donner und Regeneffekte und Manzarek ahmte auf einem Fender Rhodes-Piano die Regengeräusche nach. Riders on the Storm basiert teilweise auf der Geschichte des Serienmörders Billy Cook, der als Anhalter eine ganze Familie tötete. Alternativ wird der Text auf ein französisches surrealistisches Gedicht aus den dreißiger Jahren zurückgeführt, das Chevaliers de l’Ouragan (etwa „Reiter des Orkans“) von Louis Aragon. Der Song steht in e-Dur und ist im langsamen Tempo von circa 95 bis 100 BPM gehalten. Über weite Strecken ist er vom Akkordwechsel Em – A – Em beziehungsweise Em7 geprägt. Im Zentrum der Bassbewegung steht der Ton E. Seine monoton, hypnotische Wirkung erzielt der Song durch ein dominierendes Bassostinato E – H – G – H – E – A – C# – A über diese Akkorde, einen durchgängigen und leichten Schlagzeugbeat, die relaxt vorgetragene und den geringen Tonumfang der Quarte nicht überschreitende Gesangslinie, sowie perlende Einwürfe und solistische Läufe des Fender-Rhodes Pianos. Dabei fallen besonders häufig wiederholte Motive des Pianos in Terzen und sparsam eingestreute Motive der Gitarre auf. Nach einem langen Wechsel zwischen e-Moll und A-Dur wechselt der Song in die Subdominante A-Moll und greift danach H-Moll, C-Dur, und D-Dur (allerdings mit anderen Grundtönen) auf (Notenbeispiel 2). Die andere harmonische Gestaltung dieses Abschnitts wird durch die Spielweise von Bass und Schlagzeug unterstützt. Der Bass verlässt sein gewohntes Ostinato und das Schlagzeug wechselt vom durchgängigen Beat zu einer Betonung einzelner Beats.
Rothchild war weg, was ein Grund ist, warum wir so viel Spaß hatten. Der Gefängnisdirektor war weg.
Robby Krieger
Das Gerücht, dass Rothchild Riders on the Storm als Cocktail-Jazz bezeichnet haben soll, bestritt er und nannte Love Her Madly als Anlass seiner Äußerung. Sie sei im Studio eine gezielte Provokation gewesen, um die Doors aus ihrer Lethargie zu reißen, weil sie während der Proben völlig uninteressiert und ohne Energie gewesen seien. Auf ihrem letzten Album, dass die Doors gemeinsam eingespielt haben, hören wir, wie Ray Manzarek die Musik der Band prägte durch sein Orgelspiel entscheidend mit, zudem improvisierten er und Gitarrist Robby Krieger in langen Soli. Die aktive Zeit als Doors-Keyboarder bezeichnete Manzarek selbst als eine Zeit der höchsten Erfüllung, obwohl er abseits der Bühne manchen Exzess und besonders die stärker werdende Persönlichkeitsspaltung des Leadsängers Morrison kritisch betrachtete. Bei den Live-Auftritten konnte Manzarek dank eines eigenen Mikrofons mit ins Geschehen eingreifen, weshalb seine tiefe, markige Stimme in vielen Live-Aufnahmen zu hören ist. Einige Stücke, zum Beispiel Close to You, sang er selbst. Dennoch verdankt die Band ihre große Popularität vor allem dem als charismatisch empfundenen Sänger Jim Morrison, der der Gruppe ein Gesicht verlieh.
Das Gesamtkonzept der Aufnahmesession bestand darin, zu unseren frühen Wurzeln zurückzukehren und zu versuchen, alles mit so wenig Overdubs wie möglich live im Studio aufzunehmen.
Bruce Botnick
Der eigentliche Produzent Paul A. Rothchild verließ die Band mit dem Rat, die Doors sollten die Platte selber produzieren (“make the record yourself”), um ihren alten Enthusiasmus wiederzuentdecken. Für die Aufnahmen wurden Elvis Presleys Bassist Jerry Scheff und Rhythmusgitarrist Marc Benno als zusätzliche Begleitung hinzugezogen. Densmore charakterisierte Scheff aufgrund seiner stetigen unterstützenden Rolle als „einen Mann, der immer in der Tasche sitzt“ und lobte, wie Scheff „es mir ermöglichte, rhythmisch mit Morrison zu kommunizieren, und er Ray verlangsamte, wenn seine rechte Hand auf den Keyboards zu verdammt schnell wurde“. Nach allem, was man hört, war Morrison – ein großer Presley-Fan – von Scheffs Teilnahme begeistert. Darüber hinaus wurde Benno gebeten, teilzunehmen, da er durch seine Zusammenarbeit mit Leon Russell kürzlich bekannt geworden war. Die Songs wurden in wenigen Takes auf einem professionellen 8-Spur-Recorder fertiggestellt und das Album war in sechs Tagen fertig. Morrison war ein Blues-Enthusiast und erklärte die letzte Aufnahmesession zum „Blues Day“, an dem er Crawling King Snake, Cars Hiss by My Window und L.A. Woman aufnahm. Das Album hatte einen rohen Live-Sound, wobei sich Overdubs meist auf zusätzliche Keyboards beschränkten.
Das Mischen wurde in den Poppi Studios in West Hollywood abgeschlossen, zu diesem Zeitpunkt war Morrison bereits nach Paris gezogen.
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L.A. Woman, The Doors, 1971
Weiterführend → Rhythm & Blues lebt davon, dass die Ambivalenz bewahrt wird. Dieses Album wurde veröffentlicht, als Country noch Country war, es gab kein Alternative, was das Rätsel aufgab, was genau man hörte. Die Cowboy Junkies nahmen Blues, Country, Folk, Rock und Jazz und verlangsamten es stark und schufen dabei etwas Neues. Wir betrachten die Geburtshelfer der Americana. Des Weiteren eine Betrachtung des tiefgründigen Folk-Songs: Both Sides Now. Wahrscheinlich hat selten ein Musiker die Atmosphäre einer Stadt so akkurat heraufbeschworen wie Dr. John. Die Delta-Blues-Progression des Captain Beefheart muss dahinter nicht zurückstehen, eine gute Einstimmung für sein Meisterwerk Trout Mask Replica. Wir lauschen der ungekrönten Königin des weißen Bluesrock. Und dem letzten Werk der Doors. Unterdessen begibt sich Eric Burdon auf die Spuren vom Memphis Slim. In der Reihe mit großen Blues-Alben hören wir den irischen Melancholiker. Lauschen dem Turning Point, von John Mayall. Vergleichen wir ihn mit den Swordfishtrombones, von Tom Waits und den Circus Songs von den Tiger Lillies. Und stellen die Frage: Ist David Gilmour ein verkappter Blueser?
Inzwischen gibt es: Pop mit Pensionsanspruch. Daher auch schnellstens der Schlussakkord: Die Erde ist keine Scheibe