Zwischen der unterdrückten Lust, Amok zu laufen, und der Angst vor dem plötzlichen eigenen Ende, hat Adelmann seine stilistischen Mittel sicher in der Hand. Tristesse cool serviert.
Daniel Dubbe
Das Wort vom „Szene-Veteran“ klingt beinahe nach Großväterchens Erzählungen von „Stalingrad“ (Deutschland Katastrophenstaat). Auch in vielen Texten von Roland Adelmann geht es um Vergangenheit, Selbstfindung, Identität und Reflexionen aus dem beschädigten Leben. Von Ausgestoßenen erzählen seine Berichte, von Gescheiterten, die sich jenseits der öffentlichen Wertschätzung durchschlagen. Er begegnet seiner Umwelt mit dem manischen Vorgehen die neoliberale Gegenwart mit offensiven Klartext festzuhalten. Es ist der Versuch am Material der Gegenwart zu arbeiten, zwischen Dokument und ästhetischer Transformation des Dokumentarischen eingerichtet. Adelmann zeigt eine vergängliche städtische Welt im Zwielicht von verblichener Wohlstandshoffnungen.
I Was a Punk Before You Were a Punk
The Tubes
Adelmann gehört, zusammen mit Robsie Richter und der „Einmannsekte“ (HEL) Tom de Toys zum sogenannten Social Beat. Er veröffentlichte auch in der von Isabel Rox Anthologie Downtown Deutschland, (erschien 1992 im Verlag von Isabel Rox) und Asphalt Beat, die eine erste Bestandsaufnahme des entstehenden Social Beat darstellten. Im Laufe der 1990er entwickelte sich Adelmann laut Braunschweigs Stadtmagazin Cocktail zu einem der „Top-Entertainer“ der Slam-Poetry-Bewegung, wo er sich u. a. Wortduelle mit Jan Off lieferte. Seine witzigen, originellen und skurrilen Punkrockgeschichten waren meist einer der Höhepunkte der unzähligen Lesungen, die überregional abgehalten wurden.
You can’t fire me because I quit
Nirvana
Nach dem Abklingen der Social-Beat-Welle gegen Ende der 1990er Jahre und, nach eigenen Angaben: „abgestoßen von der Kommerzialität und Beliebigkeit der Slam-Poetry-Bewegung“, kümmerte sich Adelmann ab 2002 vermehrt um seinen Vertrieb Rodneys Underground Press. Sein selbstgestecktes Ziel war es, Literatur zu veröffentlichen, die „keine Lust hat, die Vermarktungsstrategien der Großverlage und den Großbuchhandels-Kaufgeschmack zu befriedigen“. Dieser Kleinverleger stellt sich eine Literatur vor, die „kritisch ist, die Stellung bezieht, unbequem ist, anarchisch, frei“. Es geht ihm dabei nicht bedingungslos um eine bestimmte politische Ausrichtung, sondern vor allem um die literarische Umsetzung. Im Mittelpunkt steht dabei „der einzelne Mensch, der versucht, sein eigenes Leben zu verwirklichen – allen Widrigkeiten zum Trotz“.
Roland Adelmann dürfte für den „Social Beat“ das sein, was Bukowski für den Underground war.
MARABO*
Sein in diesem Jahr erschienenes Buch Rodneys Slam versemmelt einen Großteil seiner besten Stories und Poeme. Diese Zeitgeistbetrachtungen spielen zumeist in deutschen Mittelstädten. Hier hören die Menschen auf, sich an ihrer Stadt existenziell zu partizipieren – was im Entscheidenden gar nicht einzelne Bekenntnisse und Handlungen meint, sondern die tatsächliche Lebensform, das Ethos betrifft, in der das Städtische wurzelt. Die Entfremdung der Menschen beschreibt Adelmanndabei für das Individuum als schmerzhaft. Die Aktualität und Relevanz der Themen spiegelt sich im neuen Körperverständnis der Gesellschaft wider, den Körper durch die individuelle Modifikation wir Tätowierungen oder Piercings zu „gestalten“. Er beschreibt die Dämmerzonen abseits der glänzenden Fassaden. Auch Durchhalten kann eine Qualität sein, Roland Adelmann hat unseren Respekt verdient!
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Rodneys Slam, von Roland Adelmann, Dortmund 2010
*PS Den Titel des Ruhrgebietsbukowski muss sich Adelmann allerdings mit Hartmuth Malorny teilen. Und dann gibt es auch noch The gorgeous Queen of Ruhrgebeat-Trash, aber das ist eine andere Geschichte, die sich hinter dem Link verbirgt.