Unverschämte Tücke

 

Ich habe oft meinen eigenen Ärger darüber gehabt, wenn ich so gesehen, daß Richter durch List oder vorgespiegelte Hoffnung von Gnade und Verzeihung den Verbrecher verleiteten, seine Tat zu bekennen, und dabei allerlei unverschämte Tücke anwendeten. Es würde der Gerechtigkeitspflege zum Vorteil gereichen und selbst dem Plato, der diesen Gebrauch begünstigt, wenn sie mir andere Mittel, die mehr nach meinem Sinne wären, an die Hand geben wollten. Es ist eine hämische Gerechtigkeit, und nach meiner Meinung wird sie durch sich selbst ebensowohl beleidigt als durch andere. Ich antwortete noch vor kurzem, daß ich kaum einen Prinzen eines Privatmanns wegen verraten möchte, dem es sehr leid tun würde, irgendeinen Privatmann eines Prinzen wegen zu verraten, und ich hasse nicht nur alle Betrügereien überhaupt, sondern ich hasse es auch, daß man sich in mir betrüge, und mag dazu nicht einmal weder Stoff noch Anlaß geben.

 

 

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Anmerkung der Redaktion: Wir danken dem analogen Blogger Michel de Montaigne. Der in der Schwebe gelassene Sinn, die Produktion von Ambiguität – was für Roland Barthes Brecht im Theater geleistet hat, indem er die Sinnfrage zwischen Bühne und Zuschauerraum neu verteilte – findet sich in der Kunstform der Twitteratur wieder.

Weiterführend → ein Essay über die neue Literaturgattung Twitteratur.