Den Liedern lausch’ ich, dem Wogenspiel
Im sonnigen Linz am Rhein,
Und leis‘ erzählen der Mähren viel
Die Berge, die Reben, der Wein.
Nichts schön’res weiß ich zu dieser Stund‘,
Als dich zu grüßen mit Herz und Mund.
(Anonymus)
Vergangenheit entfaltet sich zuweilen in erinnernden Rückblenden… ein Glas Riesling verursachte einen ´Madeleine-Moment`… an… das Weinlesefest in Linz am Rhein… eine regelmäßig wiederkehrende Veranstaltung, die sich mit Wein, Winzern und Reben des Rheinlands befasst.
In Rheinland Plalz haben Weinfeste als regelmäßig stattfindende Veranstaltungen eine lange Tradition. So hat der Dürkheimer Wurstmarkt als bedeutendstes Weinfest seine Anfänge im Jahr 1417. Jährlich am zweiten Septemberwochenende im Jahr verwandelt sich auch der Linzer Marktplatz in ein uriges Weindorf mitten im Herzen der historischen Altstadt. An vier Tagen wird hier regelmäßig eines der größten Weinfeste am Mittelrhein gefeiert. Dies war ein fester Termin des Künstlers Peter Meilchen. Er nahm den Weg von seinem Wohnsitz im Hochsauerlandkreis auf sich, um in der bunten Stadt am Rhein Wein, Weib und Gesang zu genießen.
Nachdem mich Pit nach rheinischer Art bequasselt hatte und eine Weinkönigin und ihren zwei Weinprinzessinnen in Aussicht stellte, willigte ich ein, ihn in seine Heimatstadt zu begleiten. Aufgrund seiner guten Beziehungen in seine Heimatstadt bezogen wir eine kleine Pension am Buttermarkt, die von dem charmenten Gastgeber Fritz Ockenfels im Zweitberuf betrieben wurde. Sein Hauptberuf und seine eigentliche Berufung ist die des Stadtführers.
Am nächsten Tag hatte ich das Vergnügen, den Stadtführer bei einem geführten Rundgang mit weiteren Interessierten begleiten zu dürfen. Für Fritz Ockenfels könnte die Bezeichnung „stattlicher Herr“ erfunden worden sein, er ist der Erscheinung nach eindrucksvoll, kräftig, imposant, würdevoll. Herr Ockenfels, wie ich ihn ob seiner eindrucksvoll Person nenne, war ein überaus kundiger und empathischer Stadtführer, der den vielen Besuchern und Gästen nicht nur seine Heimatstadt Linz, sondern auch das Rheinland nähergebracht hat. Herr Ockenfels ist ein Archäologe des Geistes und ein Trüffelschwein der Linzer Historie. Dank seiner Erzählungen bekam ich tiefe Einblicke in die Geschichte sowie auch in die sozialen Verbindungen der Bürgerschaft.
Da der Marktplatz in Linz vom Buttermarkt fußläufig schnell zu erreichen ist, kam ich rechtzeitig zu einem Stand in direkter Nähe zum Rathaus.
„Wer Wein trinkt betet. Wer Wein säuft sündigt!“, rezitierte Pit ein rheinisches Sprichwort. Er hatte den Stand vor den Rathaus nicht zufällig ausgesucht. Am 01.04.1964 begann er, gemeinsam mit Klaus Krumscheid, eine Ausbildung bei der Stadtverwaltung der Gemeinde Linz am Rhein. Wie ich durch den Stadtführer Ockenfels bereits erfahren hatte, ist die Linzer Bürgermeisterei das älteste Rathaus von Rheinland-Pfalz, erbaut im Jahr 1517.
Seit diesem Winzerfest schätze ich den Riesling aus dem Weingut Scheidgen, dass am Fuße der Burgruine Hammerstein liegt. Der eher grazile Riesling mit seinem feinen Süß-Säure-Spiel passt zu der Crossover-Küche mit Einflüssen aus Europa und Asien, wie es sie überall auf der Welt inzwischen gibt, besser als die oftmals klobigen Chardonnays. Am Endes des Abends oder sollte ich besser Schreiben: „Wenn die Nacht am tiefsten…“ geht man in Rheinland-Pfalz erst dann auseinander, wenn man sich mit einem letzten Glas zugeprostet hat.
Linz am Rhein ist ein Rückzugsort, an dem entspanntes Erinnern möglich wird.
Rheintor, Linz – Anno Domini 2011, Edition Das Labor 2011. – Limitierte und handsignierte Auflage von 100 Exemplaren. – Dem Exemplar 1 – 50 liegt ein Holzschnitt von Haimo Hieronymus bei.
Weiterführend → Bei KUNO präsentieren wir Essays über den Zwischenraum von Denken und Dichten, wobei das Denken von der Sprache kaum zu lösen ist. Einen Essay zur Rheintorreihe finden Sie hier.
→ Lesen Sie auch KUNOs Hommage an die Gattung des Essays.